Liebe Freunde und Familie,
aktuell befinden wir uns in Agra und ruhen uns in unserem Hotel aus. Morgen geht es für uns früh am Morgen los, um bei Sonnenaufgang das Taj Mahal zu bestaunen. Gerne möchte ich die letzten Tage noch einmal Revue passieren lassen.
Tag zwei in Delhi war bereits deutlich angenehmer als der erste. Morgens servierten uns Renu und Naresh ein hervorragendes Frühstück, mit dem wir gestärkt in den Tag starten konnten. Die Nacht war erholsam, da Sascha und ich doch sehr erschöpft waren von dem wenigen Schlaf und dem vielen Herumwandern durch Old Delhi. Ich denke, das war mit eine unserer erholsamsten Nächte. Denn seitdem kämpfen wir ein wenig mit unserem Jetlag. Die 4,5 Stunden Zeitverschiebung zu Deutschland hat unser Körper noch nicht ganz verstanden. Das bedeutet, wir versuchen zwar, zur gewohnten Zeit in Delhi ins Bett zu gehen, aber den Körper davon zu überzeugen, dass es gerade 22 Uhr ist und nicht erst 17:30 Uhr, funktioniert eher weniger gut. Aber auch das wird noch schaffbar sein. Mit jedem Tag wird es ein kleines bisschen besser!
Dafür hieß es dann am frühen Morgen um 8 Uhr indischer Zeit (3:30 Uhr deutsche Zeit) wieder aufzustehen … naja, sagen wir es so: Wir waren ziemlich müde. 😄
Als wir das Haus unserer Gastfamilie verließen, war es bereits gegen 11 Uhr, und wir machten uns mit der Metro auf den Weg nach Neu-Delhi.
Kurze Randinformation: Alt-Delhi, mit Ursprüngen in der Mogulzeit, ist der historische Kern der Metropole, während Neu-Delhi in der Kolonialzeit von den Briten entworfen wurde. Der Charme von Alt-Delhi liegt in seinen historischen Stätten, den engen Gassen und dem lebendigen Alltag. Hier erlebt man eher die authentische Seite von Indien. Im Gegensatz dazu bietet Neu-Delhi mit seinen breiten Alleen, Bäumen und imposanten Regierungsgebäuden eine europäische Atmosphäre. Auch merkt man deutlich einen Unterschied in der Art der Bewohner.
Unser erster Halt war das 42 Meter hohe „India Gate“, ein imposanter „Triumphbogen“, der an diesem Mittag von Schulklassen besucht wurde. Dieser wurde 1921 von einem britischen Architekten entworfen, und das Design wirkt in unseren Augen stark vom französischen „Arc de Triomphe“ inspiriert. Das Gate steht für die 70.000 indischen Soldaten, die im Ersten Weltkrieg für die britische Armee ihr Leben ließen.
Wir durchquerten den Park und betrachteten das kreisförmige Kriegsdenkmal, das etwa 100 Meter hinter dem India Gate liegt. Mit dem Spruch: „Wenn ihr nach Hause geht, erzählt ihnen von uns und sagt, dass wir für ihr Morgen unser Heute gegeben haben“, erinnert das Denkmal an die vielen Soldaten, die im Ersten Weltkrieg, im Dritten Anglo-Afghanischen Krieg und in Konflikten seit Indiens Unabhängigkeit das höchste Opfer brachten.
Vor dem Tor stiegen wir in ein bereitstehendes TukTuk mit dem überaus lustigen Fahrer Shiva, der uns auf eine TukTuk-Tour quer durch das Regierungsviertel mitnahm und uns viel über die umliegenden Gebäude erzählte. Außerdem ließ er sowohl Sascha als auch mich eine Runde mit dem TukTuk drehen, durch den gerade recht ruhig fließenden Verkehr bis hin zum „Agrasen Ki Baoli“.
Dies ist ein ins Erdreich gebautes Brunnenbauwerk, das sich während der Monsunzeit mit Wasser füllt und dann über den Rest des Jahres verdunstet oder ins umliegende Erdreich versickert (durch die Fugen im Bauwerk). Es wurde im 14. oder 15. Jahrhundert erbaut, um in früheren Zeiten Wasser zu schöpfen. Es war nur ein kurzer Zwischenstopp, aber auch sehr hübsch anzusehen.
Danach ging es weiter in Richtung „Safdarjung Tomb“. Hier verabschiedete sich Shiva von uns, und wir genossen den wunderschönen Sonnenuntergang über dem Mausoleum. Überraschenderweise war hier wirklich wenig los. Wir durchquerten die Grünfläche hinter den Mauern und machten viele schöne Fotos im tollen Licht, das sich abends über Delhi legt.
Knapp einen Kilometer entfernt (den wir entspannt zu Fuß zurücklegten) liegen die Lodi-Gärten. Die 360.000 m² große Parkanlage hat mehrere Mausoleen auf der Fläche verteilt und scheint ein beliebter Ort für die Einheimischen zu sein. Der Garten war mäßig gut besucht zu der uns aufgesuchten Uhrzeit, und wir liefen einfach mal querfeldein drauf los – mal gucken, wo wir am Ende rauskommen würden. Dabei entdeckten wir ein paar der weit über 100 größeren Grabbauten von Herrscherpersönlichkeiten, deren Familienangehörigen sowie von höheren Staatsbeamten und Militärs, die bis heute für das Stadtbild prägend sind. Die Gebäude wirken immer noch sehr imposant, obwohl wir auch hier sagen müssen, je weiter du abseits der großen Mausoleen läufst, desto weniger wird hier instandgehalten. In unseren Augen ist das doch sehr schade.
Müde und mit großem Hunger im Gepäck machten wir uns auf den Heimweg mit der Bahn. Renu und Naresh erwarteten uns bereits wieder mit superleckerem Essen.
Den Abend verbrachten wir damit, die restliche Route mit Naresh durchzusprechen, und er gab uns viele Tipps. Als wir zudem feststellten, dass die Bahnen nach Agra (Taj Mahal) bereits größtenteils ausgebucht waren, organisierte er uns für die nächsten Tage einen Fahrer, der uns nun mit einem Auto durch die Städte bis nach Jaisalmer (unseren Endpunkt) bringt.
Zwar wollten wir ursprünglich alles mit der Bahn bereisen, um uns auch unabhängig und einfach durch die Städte bewegen zu können, aber nach den ersten Tagen haben wir festgestellt, dass man mit dem Auto wirklich mehr vom Land sieht. Von Bahnhöfen zu den unterschiedlichen Bauwerken zu kommen, die nicht immer zentral in den Städten liegen, sind wir zumeist in den ländlicheren Regionen sowieso auf ein Auto angewiesen. Mit unserem organisierten Fahrer Sunil müssen wir uns nun keine Gedanken mehr machen, wie wir von Ort zu Ort kommen und können Indien noch ein wenig mehr genießen.
Aber zurück nach Delhi.
Die zweite Nacht war relativ kurz, mit nur wenigen Stunden Schlaf, und wir kamen am Dienstag auch erst wieder gegen 11 Uhr aus dem Haus raus.
Bei unseren Recherchen zu Delhi entdeckten wir den „Qutb Minar“, der von unserer Unterkunft aus etwa 1,5 Stunden mit der Metro entfernt war.
Der Turm gilt als frühes Meisterwerk der indo-islamischen Architektur, zählt zu den höchsten Türmen der islamischen Welt (ca. 72 m) und ist schon von weitem als Sieges- und Wachturm zu erkennen. Mit der sehr gepflegten Grünanlage und der Quwwat-ul-Islam-Moschee (einer der frühesten Moscheebauten im Norden Indiens) ist das ganze Gelände überaus beeindruckend. Die Säulengänge mit den abstrakten und kalligrafischen Bildnissen auf den Säulen wurden aus übereinandergestellten Teilstücken von zerstörten Hindutempeln errichtet und ergeben ein sehr schönes Gesamtbild.
Gespickt mit vielen Ruinen aus dem 12. Jahrhundert und doch auch sehr gut erhaltenen Bauten verbrachten wir auf dem Gelände gut zwei Stunden, bevor wir uns von den unzähligen Streifenhörnchen verabschiedeten und uns auf den Weg zu unserem nächsten Ziel machten: Den Lotus-Tempel.
Der Lotus-Tempel war eigentlich eines unserer interessanteren Ziele in Delhi, denn man hört und sieht diesen doch sehr oft, wenn man sich mit Indien beschäftigt.
Als wir am frühen Nachmittag dort ankamen, waren wir jedoch sehr schnell ernüchtert. Alleine der Weg von der Metro zum Tempel war super voll, schmutzig und auch nicht gut ausgeschildert. Für die eigentlich ca. 6 Minuten Strecke brauchten wir ca. 15 Minuten, weil wir nie wussten, ab wann wir in den Park gehen dürften (überall waren Zäune und abgesperrte Straßen).
Als wir schließlich den Eingangsbereich erreichten, der nächste ernüchternde Blick: Der Weg zum Tempel war sehr eingeschränkt und überfüllt von Menschenmassen. Alleine das kurze Anstehen und Kontrollieren unserer Taschen, dabei die ständigen Blicke der Einheimischen in unsere Richtung, und alle paar Meter die Frage nach einem gemeinsamen Foto, verdarben uns an diesem Ort sehr schnell die Vorfreude.
Die meisten Wege, die man sonst benutzen konnte, um den Lotus-Tempel zu erreichen, waren abgesperrt und uns blieb nur die Hauptroute mit allen anderen zusammen. Sascha und ich fühlten uns nicht sehr wohl in der Menschenmenge. Die Schlange zum Reingehen in den Tempel erstreckte sich so weit, dass wir nach wenigen Minuten entschieden, umzudrehen, ein paar Bilder aus der Ferne zu machen und dem Lotus-Tempel den Rücken zu kehren.
Mit der Hilfe von Google Maps suchten wir uns den Weg zur nächsten Bahnhaltestelle, die uns zu unserem letzten Highlight bringen sollte. Auch dieser Weg war eher erschreckend. Die Massen an Müll, die die Seiten der Straßen im wahrsten Sinne des Wortes zumüllten, waren erschreckend. Straßenkinder, die uns ständig um Geld anbettelten und sich auch mit einem „No“ nicht abwenden ließen, verfolgten uns immer einige Meter, bis sie schließlich aufgaben. Auch diese Erfahrung zeigte uns wieder, wie weit sich die Gegensätze in Indien ausweiten können.
Diese Seiten von Delhi darf man leider nicht aus dem Auge lassen. Auch wenn diese Erlebnisse anfangs erschreckend wirken, können wir dennoch sagen: Wir haben uns, egal wo, bisher immer sehr sicher gefühlt. Die Menschen um uns herum sind vielleicht manchmal aufdringlich, aber meistens immer freundlich und grundsätzlich hilfsbereit. Zumeist sind sie sehr neugierig und fragen, woher wir kommen. Dass wir nach dem zwanzigsten Mal Fragen manchmal genervt sind, darf man daher nicht missverstehen. Es sind Eindrücke, die wir wahrnehmen und die wir in unserer privilegierten Welt nicht kennen, aber es ist nicht dramatisch.
Zwei Minuten Wartezeit an der Metrohaltestelle und etwa sechs Haltestellen weiter, war unser nächster Sightseeing-Spot das Humayun-Mausoleum.
Ein Baukomplex, der um 1562 für den zweiten Herrscher des Großmogulreiches Indiens, Nasiruddin Muhammad Humayun, erbaut wurde. Es ist weitaus größer als das Safdarjung-Mausoleum, das wir am Vortag betrachtet hatten.
Das ca. 27 Hektar große Gelände beinhaltet auch hier viele Mausoleen, die wir erkunden konnten. Mit dem ebenfalls hier verwendeten roten Sandstein ist das Humayun-Mausoleum das größte, das wir bisher gesehen haben.
Hier drehte ich den Spieß mal um und fragte eine junge Inderin nach einem gemeinsamen Bild, da ich sie wirklich sehr hübsch fand und dachte, dass ich jetzt auch mal ein Bild haben möchte. 😄
Wenige Meter weiter liefen wir einem deutschen Pärchen über den Weg, das sich in Delhi für eine mehrtägige Hochzeit aufhielt. Gemeinsam unterhielten wir uns eine Weile darüber, was wir uns gegenseitig in Delhi noch empfehlen konnten, bevor Sascha und ich uns, geplagt von Mücken, auf den Weg Richtung Ausgang machten. Denn einen Plan für den Abend hatten wir noch: Wir wollten ein Restaurant aus dem Reiseführer aufsuchen, das einen kleinen Ausblick über Old Delhi versprach.
Mit einem Taxi ging es ca. 10 Minuten durch den Stadtverkehr, bevor wir uns schon wieder direkt in den verwinkelten und leuchtenden Gassen von Alt-Delhi aufhielten. Kaum 10 Minuten Fußweg weiter, überquerten wir einen kleinen Platz, schlängelten uns an Kühen, Straßenständen mit Obst und Gemüse vorbei, bis wir schließlich das „Everest Kitchen“ fanden. Ein kleines nepalesisches Restaurant mit einer Dachterrasse.
Erfreut, dass das so gut geklappt hatte, bestellten wir uns Kaffee und Tee, dazu ein Garlic Naan und „Momos“. Momos sind gedämpfte oder gebratene Teigtaschen, ähnlich wie Dumplings (oder Maultaschen). Sie sind in Indien, Nepal, Bhutan und Tibet sehr beliebt. Ursprünglich stammen sie aus der tibetischen Küche.
Unsere Momos wurden mit Käse- und Kartoffelfüllung zubereitet, zudem wurde uns ein scharfer Dip serviert.
Mit einer tollen Aussicht auf das nächtliche Delhi ließen wir es uns hier schmecken (und nein, wir benötigen immer noch keine Kohletabletten!) und machten uns dann auf den Rückweg zu Renu und Naresh. Auch hier bekamen wir wieder ein tolles Abendessen aufgetischt, und wir hatten einen schönen gemeinsamen letzten Abend zusammen.
Am frühen Mittwochmorgen ging es für uns schon um 7 Uhr indischer Zeit los. Wir hatten ein paar Häppchen zu essen, verabschiedeten uns von Renu und Naresh und verließen Delhi mit unserem Fahrer Sunil in Richtung Agra.
Mehr dazu in unserem nächsten Beitrag!
Liebe Grüße aus Indien!
Jessi und Sascha
P.s.: ab Heute könnt ihr die Bilder auch anklicken und größer machen ☺️