Jaisalmer – Das goldene Wüstenjuwel

Liebe Freunde und Familie,

unser Aufenthalt in Indien ist nun vorbei. Für uns geht es weiter: drei Tage nach Malaysia, in die Hauptstadt Kuala Lumpur, bevor wir von dort nach Kambodscha fliegen, um uns zehn Tage an den Strand zu legen. Man muss doch sagen, Indien hat uns viele seiner Facetten gezeigt – schöne und weniger schöne. In den letzten zwei Wochen haben wir so viel gesehen, dass wir uns jetzt ein wenig nach Erholung sehnen und uns auf die Wärme freuen. In Jaisalmer beträgt die Höchsttemperatur aktuell 23 °C, nachts fällt das Thermometer auf 6–8 °C. Da wir eher sommerlich leichte Kleidung eingepackt haben, frieren wir im Schatten doch immer ein wenig. Und ja, es stimmt wirklich: nachts wird es in der Wüste sehr, sehr kalt!

Aber beginnen wir am 11. Dezember: Wir verabschiedeten uns von Sunil, der uns gegen 14 Uhr am Eingang des Forts von Jaisalmer absetzte. Dort empfing uns unser neuer Gastgeber Ashish, bei dem wir für die nächsten drei Tage übernachten sollten.Jaisalmer ist eines der wenigen Forts, in denen die Menschen noch innerhalb der Festung wohnen. Diese ist auch ganz anders aufgebaut als die, die wir bisher gesehen haben. Während wir den Weg in die Festung gemeinsam mit Ashish zurücklegten, erklärte er uns viel zur Geschichte des Ortes. Zum Beispiel gelangt man über drei Tore in die Festung. Diese wurden so angelegt, dass man vom ersten Tor aus nicht das zweite sieht und vom zweiten nicht das dritte. Da es früher keine Karten oder GPS gab, wussten Eindringlinge nicht, wann sie wirklich im Inneren angekommen waren. Zudem sind die Aufgänge so eng gebaut, dass immer nur ein Elefant um die Kurven und durch die Tore passte. Dadurch konnten die Tiere nicht als Rammböcke genutzt werden, da sie durch die engen Kurven ausgebremst wurden.

Links und rechts der Tore befinden sich kleine Fenster und Schießscharten, durch die früher auch heißes Öl hinuntergegossen wurde. Die Festung ließ sich so unglaublich gut gegen Angreifer verteidigen.

Die Einwohner der Festung waren schon immer sehr reich, was besonders von der hiesigen Jain-Religion geprägt war – eine der ältesten Glaubensrichtungen im Hinduismus.Jaisalmer wird auch die „Goldene Stadt“ genannt. Durch den gelben Stein, aus dem die Festung erbaut wurde, wird sofort klar, warum. Auch innerhalb der Festung erzählen viele Orte von der einstigen Pracht. Überall findet man jahrhundertealte Steinarbeiten, die Türen, Fenster, Balkone und ganze Häuser schmücken. Daneben sieht man jedoch auch viele neuere Steinarbeiten. Der Unterschied ist unübersehbar: Die neuen Werke sind deutlich gröber und weniger filigran. Ashish erklärte uns während eines Rundgangs, dass dies mit den damaligen Bezahlungsumständen der Steinmetze zu tun hatte. Wenn der hiesige Maharadscha mit der Arbeit oder den Verzierungen nicht zufrieden war, gab es für die Arbeiter kein Essen. Entsprechend wurde sehr sorgfältig und kunstvoll gearbeitet.

Ein Fenster, wie das, das wir bestaunen durften, hatte damals eine Bauzeit von bis zu zwei Jahren. Heutzutage wird diese Kunst nicht mehr so umgesetzt, was ich sehr schade finde. Man muss sich auch klarmachen: Ein einziger Fehler im Stein hätte das gesamte Gebäude unbrauchbar gemacht. Umso beeindruckender war der Balkon, den wir sahen – vollständig mit detailreichen Steinmetzarbeiten verziert. Ich hoffe, das Bild fängt seine Pracht ein. 😊Nach dem Rundgang genossen wir einige Aussichtspunkte innerhalb des Forts, von denen aus wir die gesamte Festung überblicken konnten: groß, golden, ikonisch. Kein Wunder, dass die Stadt als „Wüstenjuwel“ bekannt ist.Später trafen wir bei einem Spaziergang eine deutsche Berufsschullehrerin namens Gabriele. Sie befindet sich seit September im Sabbatical und reist ein Jahr lang durch Asien. Wir tauschten einige Geschichten aus: Sie hatte unter anderem Kirgistan und Nepal bereist und engagierte sich bei verschiedenen sozialen Projekten. Mit Gabriele verbrachten wir einen entspannten Abend in einem nahegelegenen Restaurant und verabschiedeten uns am nächsten Morgen. Vielleicht kreuzen sich unsere Wege ja in einem anderen Land erneut!Am Morgen des 12. Dezember besuchten wir den Jain-Tempel. Ein Gläubiger des Jainismus führte uns durch den Tempel und erklärte uns vieles über die Religion und ihre Bräuche.

Der Jainismus ist eine der ältesten Religionen Indiens mit Wurzeln im 1. Jahrhundert v. Chr. Er lehrt, dass der Weg zur Erleuchtung durch Gewaltlosigkeit und die Vermeidung von Schaden an Lebewesen führt. Jains glauben, dass schlechtes Karma durch das Schädigen von Lebewesen entsteht, und halten sich an strenge Regeln wie vegetarische Ernährung und den Verzicht auf Wurzelgemüse. Ihre Prinzipien, insbesondere Gewaltlosigkeit, inspirierten weltweit, darunter auch Mahatma Gandhis Unabhängigkeitsbewegung.Der Tempel beeindruckte uns durch seine zahlreichen Steinarbeiten. Der Jainismus ehrt 24 Jinas (Tirthankaras), spirituelle Führer, die Erleuchtung und Befreiung vom Kreislauf der Wiedergeburt erreicht haben. Insgesamt gibt es im Tempel 6666 Figuren dieser 24 Jinas. 6666, weil 6+6+6+6=24 ergibt – eine symbolische Zahl, die weder über- noch unterschritten werden darf.Die Atmosphäre im Tempel war sehr besonders, und ein Mönch sprach für uns ein Mantra, das Glück und Wohlstand bringen soll (hoffe ich zumindest). Natürlich wurde dafür auch eine Spende erwartet, jedoch mit dem Hinweis, dass das Geld Hospizen und Krankenhäusern zugutekommen würde – eine Spende, die man mit gutem Gewissen gibt.

Am Mittag brachen wir zu einer Wüstentour auf. Ashish arbeitet mit Einheimischen zusammen, die Kamel-Touren abseits der großen Touristenrouten anbieten. Wir waren gespannt und ein wenig aufgeregt. Wir wussten nur, dass uns eine Nacht unterm Sternenhimmel, ein Kamelritt und der Besuch einer Geisterstadt erwarteten.

Am frühen Mittag ging es zusammen mit vier weiteren Indern aus Jaipur, Mumbai und Maharadscha mit einem Jeep los (es tut mir schrecklich leid, aber ich habe ausnahmslos alle Namen vergessen, die waren nicht einfach zu merken). 40 km sollte uns dieser von Jaisalmer entfernen.Zuerst ging es nach Kuldhara, einer Stadt, die zum einen aus über 84 kleineren Dörfern bestand, welche über Nacht im 19. Jahrhundert allesamt verlassen wurden. Das Dorf Kuldhara wurde 1291 von den Paliwal Brahmanen gegründet und war eine wohlhabende Gemeinde, dank ihrer Fähigkeit, üppige Ernten im trockenen Wüstengebiet anzubauen. Doch eines Nachts im Jahr 1825 verschwanden alle Dorfbewohner von Kuldhara und den 83 umliegenden Dörfern spurlos. Die offizielle Geschichte lautet, dass es höchstwahrscheinlich große Dürren oder Erdbeben gab, weswegen die hiesigen Menschen in Kuldhara die Stadt aufgaben.Die vier Inder, die uns durch die Ruinen begleiteten, hatten jeder eine andere Folklore zu dem Dorf. Anscheinend ranken sich vielerlei Mythen um diesen Ort. So heißt es bei einem, dass eines Tages ein Mönch in die Stadt kam und von den Stadtbewohnern verspottet wurde, woraufhin er Kuldhara verfluchte und die Menschen nichts mehr ernten konnten und das Wasser sich vergiftete. Daraufhin verließen sie das Dorf. Eine andere Geschichte besagt, dass alle Menschen die Stadt verließen, um ein einziges Mädchen zu retten: Der Legende nach hatte der böse Minister Salim Singh die Tochter des Dorfvorstehers begehrt und erklärte, er würde sie heiraten, mit oder ohne ihre Zustimmung. Er drohte den Dorfbewohnern mit schweren Konsequenzen, wenn sie sich nicht fügten. Anstatt seinen Forderungen nachzugeben, beschloss der Dorfrat, ihre Heimat über Nacht zu verlassen. Bevor sie gingen, verfluchten sie Kuldhara, sodass niemand jemals dort siedeln könnte.

Was am Ende stimmt, kann niemand mehr sagen. Es gibt keine Geschichtsbücher, keine Schriften zu diesem Ort. Keine Malerei an den Wänden der Ruinen, die von irgendetwas zeugen, was vor einigen Jahrhunderten hier passiert ist. Fest steht: Die Menschen ließen alles stehen und liegen und verschwanden einfach. Unsere kleine Reisegruppe tummelte sich ca. 30 Minuten durch die Ruinen. Selbst hier vermüllt der Ort jedoch durch Touristen.Das Archäologiezentrum von Indien kümmert sich mit einer kleinen Eintrittsgebühr und der Hilfe der Wüstenbewohner um den Erhalt der Stadt und baut die Häuser zum Teil wieder auf. Auch damit man nicht nur die schlichten Ruinen sieht, sondern die mehrstöckigen Häuser aus Stein und Holz sowie den Tempel, in dem die Menschen damals gebetet haben.Eine Gruppe Frauen lud mich auch dazu ein, ein bisschen etwas an der Wand nachzumalen. Ich fand das wirklich sehr schön und hielt nur zu gerne den Pinsel, um ein Ornament an der Hauswand nachzumalen, nur um nach wenigen Sekunden nach Geld gebeten zu werden. Das machte es dann wieder etwas kaputt. Sehr schade.

Für uns ging es im Jeep dann weiter. Nach wenigen Minuten bogen wir von der befestigten Straße ab und ratterten in dem alten Auto über Schotterpisten und Sandwege. Ich fühlte mich beinahe wie in einem Indiana-Jones-Filmsetting. Der ruckelnde Wagen, keine Türen, Sascha und ich mit dem Fahrer auf der Vorderbank, Staub und Sand umwirbelten uns, und mit einem Mal kreuzten wilde Kamele unseren Weg und überquerten im gemütlichsten Tempo der Welt die Sandpiste vor uns. Ich war hellauf begeistert. Auch wenn ich mir eine Wüste bei weitem nicht so buschig vorgestellt hatte, wie es hier der Fall war. Trotzdem erkannte man, dass die Dorfbewohner hier dem Boden alles abzugewinnen versuchten, was möglich war. Wir sahen plötzlich einen kleinen Acker vor uns, der frisch umgepflügt war. Leider versäumten wir zu fragen, was die Leute aus der Gegend dem Boden abgewinnen können, wenn es doch so trocken hier ist.Hinter einem kleinen Hügelpiste erblickte ich plötzlich etwas, mit dem ich am wenigsten gerechnet hatte: Windräder. Die Wüstenlandschaft war von so vielen Windrädern durchbrochen, dass man sagen könnte: Hier stehen definitiv mehr als Bayern jemals besitzen wird.
Ich fand es überraschend, wie viel hier auf erneuerbare Energien gesetzt und gebaut wird. Es war irgendwie auch toll, dass die sonst nutzlose Fläche Sand für etwas Sinnvolles genutzt wird. 😊

Einige hundert Meter weiter hielt unser Jeep dann an, und wir wurden von unseren beiden Kamelführern Akbar und Vishram herzlich willkommen geheißen. Sie hatten bereits auf uns gemeinsam mit einer Italienerin gewartet, die bereits mit den beiden zwei Tage in der Wüste unterwegs gewesen war und so noch einiges mehr gesehen hatte.Innerhalb der nächsten 10 Minuten wurden uns die Kamele (eigentlich Dromedare) zugeteilt und wir setzten uns in die Stoffsättel. Ich kann nur sagen, das ist was komplett anderes, als auf einem Pferd zu sitzen. Deine Beine sind in keinen Steigbügeln, sondern hängen einfach an dem Kamel herunter. Sascha und ich stellten schnell fest, wie unsportlich wir sind, weil, sobald wir versuchten, unsere Beine an den Körper der Kamele anzudrücken, unsere Muskeln schon zitterten. 😄 Das Aufstehen der Tiere ist auch etwas Besonderes: Erst kippt man nach vorne, weil die Hinterbeine sich zuerst aufrichten, dann kippt man nach hinten, weil die Vorderbeine sich aufstellen, und plötzlich ist man 2,3 m über der Erde und sitzt auf dem unbequemsten Tierrücken, den man sich wahrscheinlich vorstellen kann. Nach 10 Minuten stellten Sascha und ich unabhängig voneinander fest: „Kann man mal gemacht haben, müssen wir jetzt aber auch nicht nochmal machen.“Akbar führte unsere Gruppe an, und wir machten uns auf zur ersten Wasserquelle, wo die Kamele nochmals trinken sollten für den kommenden Tag, um uns anschließend in ein Dorf zu führen, in dem die Leute noch wirklich von Viehzucht leben. Große Lehmhütten und Steinhäuser erwarteten uns dort, Kinder, die aufgeregt zu uns rannten und mal nicht um Geld bettelten, sondern es einfach nur toll fanden, uns zu sehen. Der Dorfvorsteher kochte für uns allen einen leckeren Masala Chai (Gewürztee) mit Kamelmilch, und Sascha und ich schauten uns in der Gegend ein wenig um. Wie wir erfuhren, kümmern sich hier die Frauen um die Tiere, während die Männer am Morgen mit der frisch gezapften Milch von Kühen, Kamelen und Ziegen in die Stadt fahren, alles verkaufen und anschließend mit dem Geld wieder etwas Nahrung einkaufen und zurück in die Wüste fahren. Auch hier gibt es natürlich Autos, jedoch habe ich keinen Strommasten in der Nähe gesehen. Hier lebt man also wirklich noch etwas ursprünglicher. Einen Chai später führten wir unsere Kamele einmal durch das Dorf, bevor wir wieder aufsetzten und zu unserem Nachtlagerplatz geführt wurden, mitten in den sandigen Dünen der Thar-Wüste.Der Sonnenuntergang hier war gigantisch, wie ihr bestimmt am Titelbild schon gesehen habt. 😊 Die Kamele wurden abgesattelt, wir durften noch ein paar Fotos mit ihnen machen, und dann wurden sie einfach freigelassen. Ein paar ließen sich an Ort und Stelle nieder, einige sprinteten beinahe schon los und entfernten sich ein gutes Stück von der Gruppe.Unser Jeepführer, der nicht mit den Kamelen mitgeritten war, war vorgefahren und hatte bereits angefangen, ein Feuer zu machen und den ersten Chai vorzubereiten, mit dem er unsere siebenköpfige Gruppe dann empfing. Wir alle machten es uns am Feuer bequem, unterhielten uns über alles Mögliche, und Akbar kümmerte sich um das Essen. Es wurde Gemüse geschnitten, in Teig gewälzt und in Öl leicht frittiert und uns als Vorspeise serviert, bevor es ans Dal, Reis und Gemüsecurry ging. Und alles schmeckte ausnahmslos köstlich. Mit Rücksicht auf unseren europäischen Gaumen wurde die Chilipaste separat zubereitet und unter den Indern auf den Tellern verteilt. Der Inder aus Jaipur gab mir auch ein wenig davon auf den Teller und meinte, dies sei nicht so scharf, ich sollte es einfach unter die Linsen mischen und mit dem Reis zusammen essen, das würde richtig gut schmecken.

Ich fing fast an zu heulen, so scharf war es plötzlich. Mein Kopf schwitzte, meine Wangen waren puterrot, und ich hustete zwei Minuten lang vor mich hin. Zum Glück hatte ich mich davor schon satt gegessen, denn an Weiteressen war für mich nicht mehr zu denken. Mein Mund stand ja in Flammen. Einer der Inder aus Mumbai rief sofort nach Wasser und Zucker und schüttelte mir eine halbe Handvoll Zucker in die Hand mit dem Versprechen, dass es helfen würde. Mehrfach zeigte er mit der Handbewegung, dass ich alles auf einmal einfach in den Mund kippen und dort halten sollte, bis es sich von selbst auflöst. Da ich einfach nur wollte, dass es aufhört zu brennen, folgte ich seiner Anweisung und wartete zwei Minuten ab, bis ich mit Wasser nachspülte. Es hatte wirklich geholfen, wenn auch nicht zu 100%. Ein leichtes Brennen blieb, und mir graute es schon vor dem nächsten Klogang. Der würde mit Sicherheit auch nicht angenehm werden.

Jedenfalls fanden die Inder es sehr amüsant, wie ich zu scharfem Essen stehe und nahmen ab dann Rücksicht auf mich. Sascha hatte übrigens keine Probleme mit der Schärfe. Vielleicht hatte ich auch einfach auf dem Löffel zu viel gehabt. Keine Ahnung. War auf jeden Fall ein Erlebnis gewesen.

Der Abend wurde am Ende noch von Politikgesprächen am Feuer getrübt, denn einer der Inder aus Mumbai und die Italienerin fingen eine intensive Diskussion über die ungleiche Verteilung der Gelder in der Welt an. Zwar gab es am Ende einen gemeinsamen Konsens, doch wenn beide Parteien kein richtig gutes Englisch sprechen und verstehen, dauert so eine Diskussion gut und gerne mal 1-2 Stunden.Müde und erledigt von dem Abend bezogen Sascha und ich gegen 21 Uhr unseren Schlafplatz. Der fast volle Mond war hier ein strahlendes Leuchtfeuer am Himmel. Unser Nachtplatz bestand aus zwei Matratzen auf dem Boden, zwei Kissen, zwei dicken Kamelhaardecken und einer dünnen Viskosedecke. Mit drei Lagen Klamotten, dicken Socken und unseren Merinoschals kuschelten Sascha und ich uns etwas abseits und windgeschützt in die Decken hinein und starrten zum hellerleuchteten Nachthimmel. Die Hoffnung, die Milchstraße zu sehen, war schon dahin, der Mond war viel zu hell im Gegensatz zu den Sternen. Dennoch konnten wir die gängigen Sternbilder wie den Großen Wagen, Kassiopeia oder Orion gut erkennen.

Sand ist übrigens keine sehr angenehme Schlafunterlage. Wer mich gut kennt, weiß von meiner Empfindlichkeit, was Matratzen angeht. Ich bevorzuge es meistens, auf der Seite zu schlafen. Das ist in Indien keine Option. Hier habe ich auf die harte Tour gelernt, dass man da sehr schnell Schmerzen auf zu harten Matratzen bekommt, wenn man lange seitlich liegt. Sand ist da auch nicht anders. Die 10 cm dünne Matratze ist keine Erholung für meinen verwöhnten Rücken. First-World-Problems, ich weiß. Trotzdem wollte ich mal kurz meckern. 😄

Um ein wenig mehr Dunkelheit in dieser Nacht zu bekommen, zog sich Sascha irgendwann seinen Merinoschal bis hoch über die Augen, und ich legte mir meinen mitgebrachten, neu gekauften Kashmirschal über das Gesicht.Mehrmals in der Nacht wurden wir jedoch von einem streunenden Hund geweckt, der bei uns auftauchte und neugierig an unseren Gesichtern schnüffelte. Gegen 2 Uhr nachts tauchte dann auch noch ein kleiner Welpe auf, der sich an meine Seite kuschelte und bei uns nächtigte.

Um 5 Uhr morgens wurde ich dann von Sascha angestoßen und aufgeweckt. Der Mond war untergegangen, und plötzlich erstrahlte der Himmel über uns mit seinen tausenden von Sternen. Zwar war weiterhin keine Milchstraße zu sehen, dafür aber so viele Sterne, wie ich davor noch nie entdeckt hatte. Ich kuschelte mich an Sascha, versuchte noch ein paar Fotos zu machen (funktionierte ja mal so gar nicht, haha) und schlief schließlich wieder ein.  Ja da sind wirklich Sterne auf diesem Bild. Das ist kein Staub auf eurem Bildschirm. 😄Um kurz nach 6 trottete ein klingelndes Kamel dann an uns vorbei (es hatte eine Glocke um seinen Hals), und kurz darauf tauchte wieder einer der größeren Hunde auf, stieß mir mit seiner Schnauze ins Gesicht (ich war gerade wieder eingeschlafen), und ich schreckte dermaßen auf, dass ich kerzengerade auf der Matratze saß. Der Hund nahm das als Einladung, sich hinter mich auf die warme Matratze zu legen und Sascha zu beschnuppern, der auch aus dem Schlaf hochfuhr.

Wir versuchten, den Hund mit Worten und ein wenig Drücken zum Gehen zu bewegen, aber er stand erst auf, als Sascha aus dem Bett aufstand, einen Stock zur Hand nahm und ihn wegwarf. Schwanzwedelnd lief der Hund hinter dem Stock her und tauchte für die nächsten 1,5 Stunden nicht wieder auf.Sascha legte sich einfach wieder hin und schlief ein. Ich war so wach, dass für mich nicht mehr an Schlaf zu denken war. Ich beobachtete daher den Sonnenaufgang, kraulte den Welpen, der weiterhin bei uns im Bett lag, und genoss die Stille um uns herum.

Gegen 7.30 Uhr hatte Akbar bereits wieder ein Feuer entzündet und den ersten Chai aufgesetzt, den er uns ans Bett brachte.Wir können kurz noch erwähnen, dass die Kälte nachts wirklich eisig war. Alles außerhalb der Decken war innerhalb von Sekunden kalt. Da ist nichts mit einem Fuß unter der Decke rausschauen lassen zum Abkühlen. Saschas Nase und Ohren waren durch den heruntergerutschten Merinoschal eiskalt geworden. Ich habe nachgeschaut, die nächtliche Temperatur lag bei 7°C. Wir warteten, bis der Chai uns einigermaßen auch innerlich wieder gewärmt hatte, bevor wir unter den Decken herauskrabbelten und uns ans Feuer gesellten, wo Toasts über dem Feuer getoastet wurden und anschließend mit Marmelade bestrichen werden konnten. Dazu kochte Akbar einen gesüßten Hirsebrei, der uns ein wenig stärkte, und es gab ein paar leckere Kekse. Dann wurde das Lager wieder zusammengeräumt und alles gut verstaut.Vishram hatte in der Zeit, in der wir gefrühstückt hatten, alle Kamele wieder zusammengesucht, was locker über eine Stunde in Anspruch genommen hatte. Er sattelte die Kamele, bevor es auf den Tieren zurück zum Dorf ging, wo der Jeep uns dann wieder nach Jaisalmer bringen sollte.Dort machten wir noch ein gemeinsames Abschiedsfoto, bevor es wieder in die Stadt ging.
Müde, erschöpft und mit Muskelkater vom Kamelritt trotteten Sascha und ich zurück zum Hostel und baten Ashish um eine warme Dusche (meistens muss dafür ein Boiler eingeschaltet werden). Nun, in diesem Hostel bestand die warme Dusche aus einem Eimer mit heißem Wasser und einem kleinen Becher, mit dem man das Wasser dann mit etwas kaltem Wasser auffüllte und sich übergoss. Auch wieder eine Erfahrung für sich. 😄

Aber diese warme Dusche tat unglaublich gut, erweckte förmlich unsere Lebensgeister, spülte den letzten Rest Sand von uns herunter und machte uns auch wieder hungrig.
Carmen (die Studentin, die wir in Jodhpur kennengelernt hatten) schrieb uns via WhatsApp, ob wir mit ihr essen gehen wollten. Wir trafen uns kurze Zeit später in einem kleinen Restaurant außerhalb der Festungsmauer und aßen gemeinsam verschiedene Currys. Alles war sehr lecker und tat nach dem kargen Frühstück richtig gut. Da sie am nächsten Tag auch von Jaisalmer nach Delhi zurückfliegen würde, beschlossen wir, uns das TukTuk zu teilen, um Geld zu sparen, und verabredeten uns für den nächsten Mittag an unserem Hostel.Sascha und ich gingen zurück zu unserem Hostel, setzten uns auf die Terrasse und tranken mindestens fünf Kannen Ingwer-Zitronen-Honig-Tee, da wir beide leicht verschnupft und Halsschmerzen hatten. Ich glaube, wir haben über die drei Tage hinweg den gesamten Vorrat von Ashish aufgetrunken. Zwischendurch mussten wir eine der Rechnungen fürs Essen im Voraus bezahlen, weil er meinte, er müsste neue Zitronen kaufen. Hoppala! 😄 War aber auch wirklich lecker, der Tee!

Eine letzte Nacht gab es noch für uns auf der viel zu dünnen Matratze mit der dicken Holzplatte als Lattenrost, bevor es für uns am Samstag hieß: Rucksack auspacken und wieder einpacken, damit alles ordentlich und richtig verstaut ist.

Wir verabschiedeten uns von Ashish und fuhren mit Carmen zusammen ca. 25 Minuten im TukTuk zum sehr kleinen Flughafen in Jaisalmer, wo wir etwa fünfmal auf Pass und Boardingpass kontrolliert wurden. Von hier gehen am Tag exakt zwei Flüge: einer nach Mumbai und einer nach Delhi. Ansonsten wird der Flughafen rein militärisch genutzt, weshalb man dort auch keinerlei Fotos machen darf.

Den 1,5-stündigen Flug verschlief ich komplett und in Delhi verabschiedeten wir uns herzlich von Carmen. Sie wird nun nach Norwegen fliegen, dort ihre Eltern und ihren Bruder treffen und noch bis Weihnachten durch Norwegen touren, bis es auch für sie zurück nach Deutschland geht.Für Sascha und mich geht es nun nach Malaysia, und wir freuen uns auf das neue Land.
Das war’s jetzt erstmal aus Indien, vielleicht schreiben wir noch ein separates Fazit zu dem Land. Mal schauen, wie unsere Motivation dazu ausfällt.

Bis dahin wünsche ich euch alles Liebe und hoffe, euch haben diese kleinen Beiträge über das spannende Land Indien genauso gut gefallen wie uns die bisherige Reise.
Wir lesen voneinander dann im nächsten Land!

Ganz liebe Grüße aus Kuala Lumpur!

Jessi und Sascha