Liebe Freunde und Familie,
Zhangjiajie (ausgesprochen in Lautschrift: Zoang Gaa Gee) liegt ziemlich zentral in China und ist keine große touristische Stadt. Westliche Touristen sahen wir in der Stadt keine, und im Nationalpark begegneten wir gerade einmal acht. Man merkt, dass China nicht unbedingt als klassisches Reiseland bekannt ist. Aber wir genossen auch irgendwie die Ruhe, die dadurch entsteht.
Unser Wecker klingelte an unserem ersten Morgen gegen 7 Uhr. Ich duschte kalt (das Wasser wurde einfach nicht warm 😢), und wir suchten uns im Supermarkt nebenan mit Hilfe eines Übersetzers etwas zu essen. Unser neues Lieblingsfrühstück wurden chinesische Madeleines. Außerdem deckten wir uns mit Wasserflaschen und Bananen ein und machten uns gegen 8:30 Uhr mit dem Taxi auf den Weg zum Nationalpark. Die Fahrt dauert etwa 40 Minuten und kostet mit dem Taxi ungefähr 12 €. Wir hatten bereits im Voraus einen Timeslot gebucht, mit dem wir zwischen 9 und 10 Uhr in den Nationalpark hineindurften.
Ein wenig hatten wir die Sorge, dass hier riesige Menschenmassen unterwegs sein würden, aber das bewahrheitete sich nicht. Am Eingang standen wir keine fünf Minuten an. Das Ticket ist mit deinem Pass verknüpft – die Passnummer und dein Bild sind also deine Eintrittskarte. Beides wird am Eingang gescannt, und per Kamera wird dein Gesicht abgeglichen, bevor du eintreten kannst. Wir fanden das super einfach, und es machte es für uns leichter, die Eintrittskarten online zu buchen, anstatt uns vor Ort mit dem Ticketschalter zu beschäftigen. Das ist besonders hilfreich, da man Tickets immer im Voraus buchen sollte und nicht erst am Tag selbst. Dies gilt für alle großen, bekannten Sehenswürdigkeiten hier. So hatten wir bereits vor unserer Einreise die Tickets für den Nationalpark in Zhangjiajie, die Terrakotta-Armee in Xi’an und die Verbotene Stadt in Beijing gebucht.
Für umgerechnet 30 € erhält man Eintritt in den Nationalpark und kann kostenfrei mit einem Elektrobus fahren, der Besucher zu den wichtigsten Highlights des Parks bringt, die mehrere Kilometer auseinanderliegen.
Der gesamte Park umfasst eine Fläche von 4.810 Hektar und bietet eine einzigartige Landschaft. Er beherbergt faszinierende Quarzit-Sandsteinformationen, die weltweit einzigartig sind (auch wenn mein Papa und meine Schwester meinten, dass wir so etwas auch im Elbsandsteingebirge sehen könnten – ich glaube nicht, dass die beiden Parks miteinander vergleichbar sind).
Vor rund 380 Millionen Jahren befand sich hier ein Ozean, doch bis in die Kreidezeit hinein hob sich das Gelände stetig an. Erosions- und Witterungsprozesse folgten und formten die einmalige Landschaft: Über 200 Meter hoch ragen die Quarzsandstein-Formationen senkrecht in den Himmel. Seit 1992 gehört das Gebiet zum UNESCO-Weltnaturerbe.
Die meisten Menschen strömten direkt zum Bus, der sie zum Aufzug bringt. Dieser ist der größte Außenaufzug der Welt und führt an einem der riesigen Berge hinauf. Wir hatten beschlossen, das auf später zu verschieben. Unser Weg führte uns zuerst zur 10-Mile-Gallery. Die meisten Einheimischen stiegen vom Shuttlebus in einen kleinen Zug um, um die knapp 2 km lange Strecke bis zum Eingang der Galerie zurückzulegen. Sascha und ich beschlossen jedoch, das Geld zu sparen und die Strecke stattdessen zu Fuß zu gehen.
Der Weg ist zwar nicht sonderlich schön, da er direkt an den Bahngleisen vorbeiführt, dafür ist es etwas ruhiger, weil die meisten anderen Touristen eben die Bahn nehmen. Am Eingang der Galerie befinden sich zudem kleine Stände mit Essen und Kaffee. Ich hatte an diesem Morgen noch keinen, also bestellte ich mir einen und genoss ihn in der Kälte – das tat wirklich gut.
Dann schauten wir uns erst einmal richtig um. Von dem kleinen Platz aus zweigten zwei Wege ab: Einer führte zu einem Affenpark, der andere zu Treppen, die eine 2,48 km lange Strecke zu einem Aussichtspunkt versprachen.
Sascha war noch nicht so richtig fit, aber ich war motiviert – wir waren schließlich wegen der Sandsteinberge hier, also mussten wir da eben auch hochlaufen. Das hielt er natürlich prompt auf Video fest. Wenn ich schon freiwillig sage: „Wir müssen die Motivation von mir nutzen, wenn ich Berge erklimmen möchte“, dann muss das festgehalten werden! 😉
Tja. Großes Problem: Der Weg endete einfach nicht. Nicht nach 2,48 km, nicht nach 4 km und auch nicht nach 10 km. Es ging einfach iiiiimmer weiter hoch. Und überall waren diese Stufen. Zwischendurch gab es zwar immer wieder wunderschöne Aussichtsplattformen, an denen wir anhielten und die Landschaft auf uns wirken ließen, aber meine Güte?! Wo hörte dieser Weg endlich auf?!
Tja, Google – unser Freund und Helfer – gab uns schließlich einen Tipp: Der Weg ist insgesamt 16,8 km lang, man überwindet dabei 1.330 Höhenmeter und sollte ungefähr drei Stunden dafür einplanen.
Gut. Am Ende haben wir dann auch festgestellt, dass es keine 2,48 km waren. 😅 Aber wir haben jede Minute davon genossen! Die Ausblicke entlang des Pfades waren so beeindruckend und einzigartig – wir konnten nicht genug bekommen! Hinter jeder Kurve offenbarte sich eine neue Felsformation, nichts sah gleich aus.
Am Ende dieser 16,8 km (oder am Anfang, je nachdem, wo man startet) erwartet einen übrigens ein McDonald’s – nur für den Fall, dass man sich die verbrannten Kalorien direkt wieder anessen möchte. 😉 Wir haben das nicht gemacht, wir hatten ja unsere Bananen. Außerdem stellten wir fest, dass die meisten Wanderer, denen wir unterwegs begegneten, den Pfad in die entgegengesetzte Richtung liefen. Das ist natürlich sehr viel einfacher, wenn man mit dem Bus oben abgesetzt wird und dann nur die 1.330 Höhenmeter nach unten laufen muss, anstatt hoch.
Positiv für uns: Dafür hatten wir den Großteil der Strecke ganz für uns allein. Und ehrlich gesagt war das ziemlich cool – so konnten wir die Aussicht in völliger Ruhe genießen.
Nach den 16,8 km nahmen wir dann die Seilbahn (kostet pro Person ca. 16 € extra) hinunter vom Berg und stiegen dort wieder in einen Shuttlebus. Jetzt wollten wir zum Aufzug. Wir hatten online viel darüber gelesen und zahlreiche Videos gesehen – besonders über die extrem langen Warteschlangen, in denen man bis zu drei Stunden anstehen muss, nur um überhaupt ins Gebäude zu kommen, in dem der Aufzug startet.
Wir hatten ein klein wenig Angst davor, aber die war vollkommen unbegründet. Das Einzige, was uns wirklich Probleme bereitete, war die schlechte Beschilderung. Wenn es keine langen Warteschlangen gibt, an denen man sich orientieren kann, sucht man etwas verzweifelt nach dem richtigen Eingang. Selbst die Chinesen, die mit uns im Bus gesessen hatten, waren verwirrt – also kann man uns keinen großen Vorwurf machen. 😄
Dann stiegen wir in den Aufzug. Dieser fährt 326 Meter in die Höhe und bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von 3 Metern pro Sekunde nach oben. In einen Aufzug passen bis zu 50 Personen – naja, wir waren nur 10. Also hatten wir alle mehr als genug Platz und konnten wunderbar beobachten, wie wir aus der Dunkelheit hinaus ins Licht fuhren und plötzlich an den Sandsteinfelsen entlang nach oben glitten. Nach nur 92 Sekunden erreichten wir die Spitze und befanden uns mit einem Schlag wieder auf der gleichen Höhe wie die umliegenden Felsen.
Der Nationalpark ist besonders bekannt für die sogenannten Avatar-Berge. Wer den Film Avatar – Aufbruch nach Pandora gesehen hat, erinnert sich vielleicht an die schwebenden Felsen von Pandora. Diese wurden von den Bergen hier in Zhangjiajie inspiriert und zum Teil fast eins zu eins kopiert.
Wir standen davor und waren einfach nur beeindruckt. Zeitgleich hörten wir Musik – natürlich klassische Filmmusik –, und ich bekam direkt Gänsehaut, so surreal fühlte sich der Moment an.
Über diese Höhen wanderten wir bestimmt noch ein bis zwei Stunden, bevor wir versuchten, mit einem Shuttlebus den Ausgang zu finden. Was übrigens gar nicht so einfach ist, wenn nirgendwo etwas auf Englisch ausgeschildert ist. Außerdem hat der Park drei verschiedene Eingänge, und wir landeten am Ende definitiv nicht bei dem, wo wir gestartet waren. Glücklicherweise gab es dort trotzdem Taxis, und so kamen wir schließlich wieder zurück ins Hotel.
Das Abendessen stellte sich dann als wahre Herausforderung heraus, weil der Übersetzer gefühlt überhaupt nicht funktionierte. Leider schmeckte uns das bestellte Tofu so gar nicht – die Soße hatte einen eigenartig bitteren Geschmack. Es wurde also eher ein karges Abendessen. Auf dem Rückweg zum Hotel holten wir uns in einem Supermarkt noch Kekse und Eierkuchen, die wir uns später im Hotelzimmer schmecken ließen.
Der nächste Morgen begann wieder früh. Wir wollten noch das zweite Highlight von Zhangjiajie bestaunen: den Tianmen Mountain – mehr oder weniger der Hausberg der Stadt. Da der Startpunkt keine zehn Minuten Fußweg von unserem Hotel entfernt lag, liefen wir morgens entspannt dorthin und wurden mit einem Bus zum Berg gefahren. Von dort aus nahmen wir eine Seilbahn nach oben.
Unerwartet traf uns dann die Kälte. Hier oben lag stellenweise sogar Schnee, und der Wind pfiff uns um die Ohren. Ich hatte am Morgen meinen Schal aus Indien ausgepackt und mir vorsichtshalber um den Hals gelegt – jetzt band ich ihn mir vors Gesicht, um die eisige Kälte abzuhalten.
Aufgrund des Wetters waren wir beide (und vor allem ich) nicht besonders motiviert, noch viel auf dem Berg herumzulaufen. Außerdem war ich nach den zahllosen Treppenstufen vom Vortag einfach völlig ausgelaugt. Wir standen schließlich unter dem Himmelsgate, und wie mein Opa aus Freiburg es so nett kommentierte:
„Am Himmelstor muss es ja kalt sein – ist ja nicht das Höllentor.“
Da musste man ihm wohl recht geben. 😄
Die Treppen, die wir hier gerade hochgelaufen waren, kann man übrigens auch mit einer Rolltreppe überwinden – diese versteckt sich im Inneren des Berges. Erst ab dem Himmelstor geht es für alle Besucher dann mit einer weiteren Rolltreppe weiter. Allein mit diesen Rolltreppen verbrachten wir etwa 15–20 Minuten. Die Chinesen sind kein Völkchen, das gerne läuft – auch nicht auf Rolltreppen. Da staut man sich lieber.
Am Ende waren wir dann ganz oben. Der Berg ist relativ flach, und man kann dort ausgiebig wandern, aber wie schon erwähnt: Die Motivation fehlte, und es war einfach zu kalt. Da half auch keine Thermostrumpfhose mehr. Der Schnee war hier zudem stark plattgetreten, und mehr als einmal mussten wir höllisch aufpassen, nicht auf die Nase zu fallen, weil er sich bereits in gefährliches Glatteis verwandelt hatte. Streusalz gibt es hier nicht, aber überall konnte man kleine Ketten kaufen, die man sich über die Schuhsohlen zieht, um nicht so leicht auszurutschen.
Trotzdem entschlossen wir uns, noch über eine der berüchtigten Glasbrücken zu laufen. Diese führen direkt am Rand des Berges entlang – unter einem gähnt die Tiefe. Wir wussten zunächst nicht, dass man dafür ein separates Ticket kaufen muss. Es stand aber auch nirgendwo ein Schild mit „Haben Sie Ihr Ticket gekauft?“. Wobei – vielleicht stand das ja irgendwo auf Chinesisch. Wir hatten uns jedenfalls keines der Schilder übersetzt.
So standen wir also vor der Brücke – ohne Ticket. Neben uns zwei junge Chinesen, Anfang 20, die erst die Kontrolldame und dann uns ansahen, lachten und den Berg wieder hinaufliefen, um ein Ticket zu kaufen. Wir folgten ihnen, wenn auch etwas langsamer und vorsichtiger – wegen des besagten Glatteises. Kurz vor dem Ticketstand kamen uns die beiden Jungs schon wieder entgegen, wedelten aufgeregt mit ihren Tickets und drückten sie uns prompt in die Hand. Auch wenn sie kein Wort Englisch sprachen, war sofort klar: Sie hatten uns einfach den Eintritt von 1,50 € bezahlt!
Mit unseren (zu diesem Zeitpunkt) zwei vorhandenen Vokabeln – Xièxiè (Danke) und Nǐ hǎo (Hallo) – bedankten wir uns überschwänglich und verbeugten uns vorsichtshalber leicht vor den beiden. Natürlich hätten wir uns die Tickets selbst gekauft, aber die Jungs freuten sich so übermäßig und zeigten uns zwei Daumen nach oben, bevor sie wieder zurück zur Brücke stiefelten – und wir beide hinterher.
An der Brücke zieht man sich zunächst pinke Überschuhe über, um das Glas nicht mit schmutzigen Schuhsohlen zu verschmutzen. So bleibt die Sicht nach unten für alle erhalten – ziemlich clever!
Tatsächlich war die Brücke kürzer als erwartet – nach nicht einmal zehn Metern stand man wieder auf Holz. Eine besondere Erfahrung war es dennoch.
Doch für uns war nun Schluss. Wir wollten nur noch zurück ins Hotel, die Füße hochlegen und Schlaf nachholen. Also nahmen wir die weltweit längste Seilbahn zurück in die Stadt.
Die Fahrt dauerte etwa 30 Minuten, und wir verbrachten sie damit, uns mit einer chinesischen Familie aus Shenzhen zu unterhalten. Die vielleicht 13- bis 15-jährige Tochter kramte ihr Englisch hervor und versuchte, sich mit uns zu verständigen. Am Ende unterhielten wir uns fast ausschließlich über Google Translate und ließen uns gegenseitig unsere Antworten vorlesen. Glücklich über den hergestellten Kontakt, machte das Mädchen uns noch Komplimente, wie nett und hübsch wir seien, bevor sie um ein Selfie bat. Da Sascha sich vorab das chinesische Pendant zu WhatsApp (WeChat) heruntergeladen hatte, schickte sie uns das Foto auch direkt, damit wir es behalten konnten. 😊
Für uns ging es anschließend nur noch in ein kleines Restaurant, wo wir Sesamnudeln und Rindfleischbrühe mit Nudeln fanden. Es war so lecker, dass wir erst mittags dort aßen – und dann abends gleich noch einmal zurückkehrten.
Am nächsten Morgen checkten wir bereits um 4:30 Uhr aus. Unser Ziel: der Westbahnhof der Stadt. Leider hatten wir keinen besseren Zug mehr buchen können, und so fuhr unsere Bahn bereits um 5:30 Uhr in die nächste Stadt – Chongqing.
Der Zug war… naja, gewöhnungsbedürftig. Stellt euch die bwegt-Züge aus Deutschland vor – nur ranziger. Ouff, es roch schon ziemlich unangenehm. Zum Glück verschliefen wir den Großteil der Fahrt, weil wir einfach zu müde und erschöpft waren. Außerdem dauerte die Zugfahrt knapp sechs Stunden. Hier hatten wir leider keinen Schnellzug mehr bekommen – alle anderen Zugfahrten in China waren weitaus bequemer und schneller. 😊
Über Chongqing berichte ich dann im nächsten Beitrag!
Liebe Grüße aus der Welt nach Hause! ❤️
Jessi & Sascha




























