Liebe Freunde und Familie,
von Hội An ging es für uns weiter nach Huế. Wir buchten uns einen bequemen Bus in dem wir uns hinlegen konnten und fuhren in knapp 3,5 h in die bekannte Stadt und verschliefen trotz Mittäglichen Zeiten die gesamte Busfahrt. 😀
Huế ist die alte Kaiserstadt Vietnams und war knapp 150 Jahre lang die Hauptstadt des Landes. Das wohl bekannteste Wahrzeichen der Stadt ist die Zitadelle aus dem 19. Jahrhundert, die die Verbotene Stadt beherbergt – angelegt nach dem großen Vorbild der Verbotenen Stadt in Peking.
Unser Aufenthalt in Huế war allerdings kurz: nur 28 Stunden hatten wir hier eingeplant. Wir kamen am späten Nachmittag an und buchten für den nächsten Tag sehr spontan unsere erste – und wohl auch letzte – geführte Tour.
Kennt ihr diese typischen Touristentouren, bei denen man mit einer großen Gruppe einem Guide mit Fähnchen hinterherläuft? Genau in so einer landeten wir plötzlich. Ursprünglich hatten wir gedacht, die Gruppe würde höchstens aus zehn Leuten bestehen. Doch uiuiui, das war mal was ganz anderes – und einfach nicht unser Ding, wenn man mit 32 Personen plötzlich durch verschiedene Sehenswürdigkeiten geschleust wird.
Die Tour war leider ziemlich stressig. Auch wenn unsere Fremdenführerin hervorragendes Englisch sprach, ein kleines Mikrofon besaß und sich große Mühe gab, uns möglichst viele Informationen zu vermitteln, blieb uns oft viel zu wenig Zeit, um die einzelnen Orte wirklich auf uns wirken zu lassen.
Die Gärten der Zitadelle wurden mehr oder weniger einfach übersprungen. Sascha und ich beschlossen daher, uns zwischendurch von der Gruppe zu lösen, um sie auf eigene Faust zu erkunden. Danach mussten wir jedoch erst einmal unsere Gruppe wiederfinden – die sich bereits auf dem Weg zum Perfume River befand. Dort stand eine Bootsfahrt auf einem traditionellen Drachenboot an.
Kleiner Fun Fact: Der Perfume River riecht übrigens nicht so gut, wie sein Name vermuten lässt. 😄 Zum Ursprung des Namens gibt es verschiedene Theorien: Eine besagt, dass Pollen und Blüten, die im Frühjahr auf dem Wasser treiben, für den Duft sorgen. Eine andere verweist auf die wohlriechenden Edelhölzer, die früher auf dem Fluss transportiert wurden.
Unsere nächste Station war die Thiên Mụ-Pagode, ein immer noch aktives buddhistisches Kloster, in dem wir mehreren Mönchen begegneten. Mit ihren sieben Stockwerken ist sie die höchste Pagode Vietnams. Hinter der hohen Mauer erstreckt sich die Klosteranlage mit mehreren Hallen und einem Garten voller Bonsai-Bäumchen.
Das Kloster beherbergt außerdem eine eher ungewöhnliche Sehenswürdigkeit: einen alten Austin, ein kleines Auto, das in einer Garage auf dem Gelände steht. An der Windschutzscheibe dieses Wagens befindet sich ein Foto, das 1963 um die ganze Welt ging und für Entsetzen sorgte. Es zeigt die Selbstverbrennung des Mönchs Thích Quảng Đức am 11. Juni 1963 – aus Protest gegen die Verfolgung von Buddhisten durch den katholischen Diktator Ngô Đình Diệm. In genau diesem Auto ließ sich der Mönch zu einer Straßenkreuzung in Saigon fahren, übergoss sich mit Benzin und setzte sich selbst in Brand.
Ich hatte vorher noch nie davon gehört, aber Sascha war – dank seiner Recherchen – natürlich bestens vorbereitet und klärte mich während unseres Rundgangs durch die Anlage auf. Ich frage mich manchmal wirklich, was ich ohne ihn alles verpassen würde! 😲
Zurück auf dem Drachenboot gab es erst einmal Mittagessen – das leider sehr fischlastig war. Sascha und ich begnügten uns mit einer großen Portion Reis und dazu leckereren Frühlingsrollen. Zum Glück wurden wir trotzdem satt. 😊
Nach dem Essen ging es direkt wieder von Bord, um ein altes Mandarin-Haus zu besichtigen. (Und nein, ich meine nicht die Frucht – für alle, die jetzt vielleicht verwirrt die Stirn runzeln. 😄)
Kurzer Geschichtsexkurs: Die Mandarine waren hochrangige Beamte und Gelehrte, die eine zentrale Rolle in der Verwaltung des Landes spielten. Sie wurden durch ein anspruchsvolles konfuzianisches Prüfungssystem ausgewählt und dienten als Berater des Kaisers, Richter, Lehrer und Verwaltungsbeamte.
Ihre Hauptaufgabe bestand darin, das Land zu regieren und die kaiserlichen Gesetze durchzusetzen. Sie verwalteten Steuern, schlichteten Streitigkeiten und sorgten für Ordnung in ihren jeweiligen Provinzen. Gleichzeitig spielten sie eine wichtige Rolle in der Förderung von Bildung und moralischen Werten, da der Konfuzianismus einen starken Einfluss auf ihr Wirken hatte. Einige Mandarine hatten zudem militärische Aufgaben und unterstützten den Kaiser bei strategischen Entscheidungen.
Kurz gesagt: Die Mandarine bildeten das Rückgrat des vietnamesischen Staates – ähnlich wie die kaiserlichen Beamten in China. Mit der französischen Kolonialherrschaft und dem Niedergang der Monarchie endete ihre Macht jedoch.
Das Café, das wir besuchten, wurde wie gesagt in einem alten Haus eines Mandarins errichtet, in dem noch immer original unterzeichnete Schriftrollen hingen, die der ehemalige Kaiser mit seinem Stempel signiert hatte.
(Wir haben tatsächlich vergessen hier Fotos zu machen D:)
Und plötzlich setzte ein langanhaltender Regenschauer ein. Wir standen zum Glück gut überdacht im Café, aber die Menge an Regen, die dort herunterkam, flutete ziemlich schnell den Innenhof und ließ kleine Bäche an uns vorbeifließen.
Wir harrten 30 Minuten aus, bis unsere Reiseleiterin beschloss, dass wir nun alle durch den Regen zurück zum Bus sprinten müssen, um so wenig wie möglich nass zu werden. Nach 3 Minuten Rennen konnten wir wieder in unseren Bus einsteigen, der uns in 30 Minuten zu unserem nächsten Ziel brachte.
Das Dorf Thủy Xuân, etwa 7 Kilometer südwestlich des Stadtzentrums von Huế gelegen, ist bekannt für seine jahrhundertealte Tradition der Räucherstäbchenherstellung. Bereits während der Nguyễn-Dynastie versorgte das Dorf den kaiserlichen Hof und die lokale Bevölkerung mit Räucherstäbchen.
Die handgefertigten Räucherstäbchen von Thủy Xuân zeichnen sich durch ihre natürlichen Düfte aus, die ohne den Einsatz von Chemikalien entstehen. Traditionell waren die Stäbchen in Rot- und Brauntönen gehalten, doch heute präsentieren sie sich in vielfältigen Farben wie Grün, Violett oder Gelb, was dem Dorf ein lebendiges und farbenfrohes Erscheinungsbild verleiht.
Für uns war es natürlich auch leuchtend und farbenfroh – aber alles im Regen. So standen wir mit unserer großen Reisegruppe in einem viel zu kleinen Laden und konnten die vielen Räucherstäbchen begutachten. Wir bekamen verschiedene Düfte zum Riechen unter die Nase gehalten, was uns dabei half, zu bestimmen, welche Sorte wir mehr mögen als eine andere.
Während wir auch hier den Regen ausharrten, verließen Sascha und ich auf eigene Faust wieder mal die Gruppe und stromerten durch die nahegelegenen anderen Läden, die alle das Gleiche verkaufen: Räucherstäbchen.
Wie uns die Reiseleiterin erklärt hatte, führen wohl alle Familien in diesem Dorf die Herstellung der Räucherstäbchen fort und exportieren nach ganz Vietnam. Was wirklich sehr beeindruckend ist. Unser Schwabenherz schlug schließlich höher, als wir in einem Laden direkt neben dem, in dem wir abgesetzt wurden, die Räucherstäbchen um einiges günstiger erhielten und uns welche mit Zitronengras einpackten. Wie gut, dass wir 18 Stunden vorher erst ein Paket nach Deutschland verschickt hatten.
Und schon ging es wieder weiter, zum Mausoleum von Tự Đức. Dieses Grabmahl ist eines der beeindruckendsten und aufwendigsten Kaisergräber in Huế. Es wurde für Kaiser Tự Đức errichtet, der von 1847 bis 1883 regierte (soweit ich verstanden habe war dies auch die längste Regierungszeit eines vietnamesischen Kaisers) und als einer der gebildetsten und poetischsten Herrscher der Nguyễn-Dynastie galt.
… Leider ist exakt dieser beeindruckende Teil der Anlage in Restaurierung, und wir konnten nichts davon besichtigen… ☹️ Dafür ging es ca. 5 Minuten weiter zu einem viel kleineren und nicht so bekannten Grabmal von jemand anderem. Leider finde ich trotz intensiver Recherche nicht heraus, wem dieses gehört. Alles erscheint leider etwas durcheinander, und ich kann es nicht Klar zuordnen. Sorry.
Zuletzt ging es zum Grabmal von Kaiser Khải Định. Unsere Reiseleiterin erzählte uns, dass sein Grabmal zu den außergewöhnlichsten und prunkvollsten Mausoleen der Nguyễn-Dynastie gehört. Es unterscheidet sich deutlich von den traditionelleren Grabanlagen seiner Vorgänger.
Während frühere Kaisergräber weitläufige Gartenanlagen und natürliche Elemente integrierten, besteht Khải Địnhs Grab aus Beton und erhebt sich monumental auf einem Hügel.
Wir erreichten das Mausoleum über eine 127-stufige Treppe, die von imposanten Steinstatuen von Mandarinen, Soldaten, Elefanten und Pferden gesäumt ist – Symbole kaiserlicher Macht und Schutz im Jenseits. (Wir haben auch sehr imposante Fotos dort gemacht. 😄)
Die Architektur ist eine faszinierende Mischung aus vietnamesischen, chinesischen und französischen Elementen und verdeutlicht den Einfluss der französischen Kolonialzeit auf Kaiser Khải Định. Besonders beeindruckend ist das Hauptgebäude, der sogenannte Thien-Dinh-Palast, dessen Innenräume mit aufwendigen Mosaiken aus Porzellan und Glas verziert sind. Wände und Decken leuchten in prächtigen Farben, während eine vergoldete Statue von Khải Định auf einem kunstvoll verzierten Thron thront. Das Grabmal wurde mit Materialien aus Frankreich, China und Japan erbaut und zeigt eindrucksvoll die Verschmelzung vietnamesischer und westlicher Baustile.
Sascha und ich hatten jedenfalls unseren Spaß auf der Anlage. Trotz des Regens konnten wir sie gut besichtigen, und es gibt zahlreiche historische Aufnahmen der Grabesprozession, die uns noch einmal bewusst machten, dass die Geschichte der vietnamesischen Kaiser gar nicht so weit zurückliegt.
Fun Fact: Angeblich liegt kein Kaiser wirklich in seinem Grabmal. Sie wurden an geheimen Orten beigesetzt, und die Arbeiter, die die Gräber errichteten und die Kaiser beerdigten, sollen getötet worden sein – damit der letzte Ruheort niemals gestört wird und Grabräuber keinen Zugang zu den Schätzen erhalten.
Danach ging es für uns zurück ins Hotel, wo Sascha und ich uns noch etwas zu essen organisierten. Am späten Abend, kurz vor 22 Uhr, stand dann unser erstes Abenteuer mit einem Nachtzug an: In 13 Stunden fuhren wir von Huế (Zentralvietnam) in den Norden des Landes, genauer gesagt nach Ninh Bình. Dort hatten wir vier Tage eingeplant, um die beeindruckende Landschaft zu erkunden.
Davon erzählen wir allerdings erst im nächsten Beitrag. 😜
We wish you well!
Greetings,
Jessi & Sascha















