Chengdu – Pandas, Poesie und ein verdammt scharfer HotPot

Nihao, liebe Freunde und Familie,

Nach Chengdu reist man vor allem wegen der Pandas. In Chengdu gibt es mehrere Zuchtstationen. Wer sich schon einmal mit Pandas beschäftigt hat, kann vielleicht verstehen, warum das so wichtig ist.

Die Art war lange vom Aussterben bedroht, weil – sorry – diese Tiere einfach sehr speziell sind. Obwohl sie das stärkste Gebiss im Bärenreich haben, ernähren sie sich ausschließlich von Bambus, sind unglaublich faul und extrem tollpatschig. UND DABEI SO SÜSS! Außerdem ist ihr Sexualtrieb so gering, dass man nachhelfen muss, damit sie nicht aussterben.

Aber Chengdu hat nicht nur Pandas zu bieten, sondern auch eine wunderschöne Stadt.

Von Chongqing aus fuhren wir in der ersten Klasse in knapp drei Stunden mit der Bahn. Sascha wollte die erste Klasse wenigstens einmal ausprobiert haben, und das Ticket kostete nur 10 € mehr pro Person als in der zweiten Klasse. Die Sitze waren sehr bequem, und die Beinfreiheit war richtig nice! Hier konnte ich einige Blogbeiträge schreiben und die Zeit einfach genießen. Die Sitze waren weich und bequem, die Temperatur konstant auf angenehme 23 °C geregelt – was will man mehr?

In Chengdu kamen wir gegen 13:30 Uhr an. Unser Hotel in der Stadt war bereits für den Check-in bereit, und unser Zimmer war wieder ein Traum von Luxus. Außerdem war das Frühstück inklusive – wir waren gespannt, da wir nicht genau wussten, was uns als chinesisches Frühstück erwarten würde.

Vom Hotel in den Stadtkern liefen wir etwa 15 Minuten. Die Straßen zogen sich endlos gerade durch die Stadt, überall hingen Lichterketten, und Pandas begegnete man in jeder Form und Farbe – in jedem Shop, an Häusern und sogar an Einkaufszentren, wo riesige Panda-Figuren angebracht waren. Zuerst machten wir uns auf den Weg zu einem der Wahrzeichen der Stadt: Die Anshun-Brücke, die den Nanhe-Fluss überquert. Schon in der Abenddämmerung begann sie in vielen Farben zu leuchten – ein wunderschöner Anblick zusammen mit den dahinter aufragenden Wolkenkratzern.

Auf dem Rückweg durch die Shoppingstraßen probierten wir verschiedenes Streetfood und ließen uns durch die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen treiben.

Am nächsten Morgen machten wir uns früh auf den Weg zum Pandapark. Wir hatten gehört, dass die Pandas morgens gefüttert werden und dann am aktivsten sind. Außerdem kommen die meisten Besucher erst gegen 10 Uhr, also standen wir bereits um 8 Uhr zur Parkeröffnung am Eingang. Die riesige Parkanlage ist etwa dreimal so groß wie die Wilhelma. Ganz so früh um 8 Uhr waren die Pandas noch nicht wirklich zu sehen, und das Futter gab es erst gegen 9 Uhr. Aber dann! Wir sahen Pandas – große und kleine – und alle auf ihre eigene, herrlich dämliche Weise niedlich.

Ein Panda setzte sich erst auf den bereitgelegten Bambus, bevor er nach wenigen Bissen einfach nach hinten umfiel, um im Liegen weiterzuessen. Kleine Babypandas kletterten auf Bäumen herum und versuchten dabei, nicht herunterzufallen. Zu jedem Panda gab es verschiedene Beschreibungen – wie sie sich verhalten und wie man sie am besten erkennt.

Besonders witzig fand ich die Beschreibung des Pandas Xi Lan. Dieser wurde in Atlanta, USA, geboren, aber von seiner Mutter verstoßen, weil er sie zu oft beim Bambusessen störte. Interessanter Fakt: Da alle Pandas ausnahmslos Eigentum der chinesischen Regierung sind, haben sie, egal in welchem Land sie leben, chinesische Namen und können jederzeit von China zurückbeordert werden.

Ein weiteres Highlight waren die Roten Pandas, die es in diesem Park ebenfalls gibt. Man kann sie in großen Gehegen entdecken – und sie sind wirklich superputzig! Wir fanden sie sogar süßer als die großen Pandas.

Fun Fact: Rote Pandas wurden als Erstes entdeckt und ursprünglich einfach Pandas genannt. Erst Jahre später entdeckte man die für uns bekannten schwarz-weißen Pandas und benannte sie kurzerhand in “Große Pandas” um – während die kleinen fortan “Rote Pandas” hießen.

Im Park gibt es übrigens überall Stempelstationen, sodass ich mein Stempelbuch richtig schön füllen konnte.

Nach unserem Besuch im Pandapark ging es für uns zurück in die Stadt. Saschas ehemaliger Schulfreund Julius war mit seiner Freundin ein paar Tage vor uns die gleiche Route gereist und hatte uns einige Tipps gegeben, was wir in Chengdu unbedingt probieren sollten. Julius Freundin Maya schickte uns über WeChat eine Liste mit Restaurants und empfahl uns, im People’s Park unbedingt die Tempel zu besichtigen. Gleichzeitig erhielten wir von Julius aber eine klare Warnung:

“Ihr könnt alles essen, was Maya euch empfiehlt – aber macht einen Bogen um den Hasenkopf!”

Wir nahmen den Rat ernst, suchten eines der empfohlenen Restaurants auf und wärmten unsere kalten Hände an der heißen Suppe, die wir uns bestellten.

Nach dieser Stärkung besuchten wir ein altes Kloster, das sich hinter hohen Mauern verbirgt: das Wenshu-Kloster. Es ist der am besten erhaltene Tempel in Chengdu und beeindruckt mit seinen wunderschönen roten Säulen, die die kunstvollen schwarzen Dächer tragen.

Ein wenig eigenartig war allerdings die Begegnung mit einem etwa 10-jährigen Jungen, der uns die ganze Zeit auf Schritt und Tritt verfolgte. Er sprach kein Wort Englisch, zeigte uns aber immer wieder schöne Fotospots. Trotzdem fühlte es sich etwas seltsam an. Erst als wir den Tempel verließen und uns einen Kaffee kauften, ließ er von uns ab und verschwand einfach in der Menge. Einmal alles abgetastet und gecheckt – bestohlen wurden wir nicht. Geld hatte er auch keines gewollt, und seine Eltern schien er nicht zu vermissen… Sehr, sehr merkwürdig.

Aber gut, für uns ging es weiter in den People’s Park von Chengdu. Hier kann man Laientheater sehen, sich die Ohren reinigen lassen, wunderschöne Gärten erkunden und einen Tee trinken. Wir haben einfach alles ausprobiert!

Das Ohrenreinigen ist in Chengdu übrigens eine große Sache – man findet diese Dienstleistung überall in der Stadt, besonders aber in den Parks. Dabei werden die Ohren erst mit kleinen Pinseln ausgebürstet und anschließend mit einem Metallstab tiefengereinigt. Der Stab wird an eine Klanggabel gehalten, was ein leichtes Vibrieren im Ohr erzeugt. Es war sehr kitzlig – aber leider haben wir danach nicht besser gehört. Schade.

Während der Ohrenreinigung schauten wir einem Laientheater zu, das ausschließlich auf Chinesisch stattfand. Wir glauben, es ging um einen Prinzen, der eine Prinzessin beeindrucken wollte und dabei gegen drei Krieger kämpfte. Einer der Krieger konnte Feuerspucken, was richtig beeindruckend aussah. Aber ob der Prinz am Ende gewonnen hat? Keine Ahnung…

Während des Theaters tranken wir einen ganz okay schmeckenden Tee – allerdings hatten wir keine Ahnung, was genau für ein Tee das war. Es gab keine Karte zum Auswählen, nur die Beschreibung des Kellners mit der Frage:

“Wollt ihr Jasmintee, einen etwas fruchtigeren oder einen, der sehr fruchtig ist?”

Wir entschieden uns für die letzte Option – stellte sich heraus, dass dieser eher bitter schmeckte. Na ja.

Nach dem Theater erkundeten wir weiter den People’s Park und spazierten durch die wunderschön angelegten Gärten, die sich darin verbergen – perfekte Orte zum Verweilen. Gegen Abend machten wir uns auf den Weg zum Tempel des Markgrafen von Wu.

Dieser Tempel zählt zu den schönsten und ältesten Tempeln in Chengdu, und ich glaube, wir können das so bestätigen. Die Anlage ist wunderschön gepflegt und wird bereits seit dem 4. Jahrhundert instand gehalten. Während der Qing-Dynastie (ca. ab 1670) wurde der gesamte Tempelkomplex restauriert – was seinen erstaunlich guten Zustand erklärt.

An diesem Abend wurde in China das Neujahrsfest offiziell beendet. Der Tempelkomplex füllte sich rasch, denn wie wir feststellten, liegt hinter der historischen Anlage ein weiterer riesiger Park – geschmückt mit Lichtinstallationen, Laternen und bunten Fahnen. Zudem gab es unzählige Streetfood-Stände, und wir probierten uns durch alles Mögliche. Unter anderem testeten wir einen chinesischen Döner – der war lecker, aber uns fehlte die Joghurtsoße.

Da Sascha sich etwas unwohl und erschöpft fühlte, verließen wir die Feierlichkeiten noch vor dem großen Fest und machten uns auf den Weg zurück zum Hotel. Es war aber auch wirklich ein sehr langer Tag gewesen, und das Bett klang einfach viel zu verlockend.

Unser letzter Tag in Chengdu begann deutlich entspannter. Wir frühstückten gemütlich im Hotel – wo es übrigens Reis, Suppe und Dumplings zum Frühstück gab. Das internationalste Angebot war Toastbrot mit Marmelade. Allerdings gab es hier keine Messer oder Gabeln, nur Suppenlöffel und Stäbchen.

In meiner Verzweiflung beschmierte ich meinen Toast mit dem Suppenlöffel.

Dafür gab es hier auch scharfe Hühnchen-Wraps, und die ließen wir uns richtig schmecken. Ich glaube, Sascha verdrückte am ersten Morgen gleich drei Stück – zusätzlich zu seinen Dumplings und Toasts.

Währenddessen kämpfte ich mit einem ganz anderen Problem: Wie isst man Wassermelonen mit Stäbchen?! Erst versuchte ich, sie irgendwie damit zu greifen, doch irgendwann gab ich frustriert auf und spießte die Stückchen einfach auf. Sie waren ja schon mundgerecht geschnitten – ich wollte mir bloß nicht die Finger schmutzig machen.

Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum nächsten Tempelgebiet. Das Du Fu Thatched Cottage liegt etwas abseits des Stadtzentrums in einer 9,7 Hektar großen Anlage und ist ein Museum zu Ehren des chinesischen Dichters Du Fu aus der Tang-Dynastie.

Du Fu gilt als einer der bekanntesten Dichter Chinas. Im Jahr 759 zog er in dieses Dorf in Chengdu und errichtete dort seine Hütte. Die ursprüngliche Hütte existiert heute zwar nicht mehr, doch an ihrem Standort kann man nun ein ganzes Dorf besichtigen, das seinen Gedichten gewidmet ist und seine Geschichte erzählt.

In den vier Jahren, die Du Fu hier lebte, verfasste er 240 Gedichte, darunter das in China sehr bekannte Werk Meine Strohhütte wurde vom Herbstwind auseinandergerissen. Ein eigener Bereich der Anlage ist diesem Gedicht gewidmet und stellt es bildlich dar.

Viele seiner Werke hatten eine politische Note – Du Fu thematisierte darin soziale Ungerechtigkeiten, Hungersnot und Chaos aus der Perspektive einfacher Menschen. Ein berühmter Vers aus seinem Gedicht “Gesang in fünfhundert Schriftzeichen über meine Gefühle während der Reise von der Hauptstadt in den Kreis Fengxian” beschreibt eindrucksvoll den Gegensatz zwischen dem luxuriösen Leben der Reichen und dem Leid der einfachen Menschen – kurz vor dem Ausbruch der An-Lushan-Rebellion im Jahr 755.

Hinter hohen Zinnobertoren stinken Fleisch und Wein
Die Straßen von den Knochen der Erfrorenen gesäumt.

Da die originale Strohhütte nicht mehr existiert, stammt das heutige Hauptgebäude der Anlage aus der Ming-Dynastie im frühen 16. Jahrhundert und wurde zuletzt im Jahr 1811 umfassend renoviert.

Die gesamte Anlage ist äußerst abwechslungsreich gestaltet – überall gibt es etwas Neues zu entdecken, und nichts wirkt gleich. Besonders beeindruckend ist ein versteckter Orchideengarten, in dem bereits die ersten Blumen blühten. Man kann sich nur vorstellen, wie bunt und farbenprächtig der Hof aussehen muss, wenn irgendwann alle Orchideen in voller Blüte stehen.

Den letzten Abend ließen wir schließlich beim Hotpot-Essen ausklingen. Chengdu und noch mehr eigentlich Chongqing sind für ihre besonders scharfen Hotpots bekannt. Wir suchten dafür extra eine Hotpot-Kette auf, da wir online gelesen hatten, dass man hier die Schärfe individuell anpassen kann – anders als bei kleinen, familiengeführten Restaurants.

Azza hatte uns von ihrem Erlebnis in Chongqing erzählt: Obwohl sie gebeten hatten, dass ihr Essen nur wenig scharf sein sollte, war es selbst für ihre an Schärfe gewöhnten Gaumen zu viel gewesen.

Wir suchten also das Restaurant in einem Einkaufszentrum auf … und waren restlos überfordert. Uns wurde ein iPad in die Hand gedrückt, und wir versuchten unser Glück. Der Kellner merkte jedoch schnell, dass wir wenig bis gar keine Ahnung hatten, und nahm das iPad entgegen. Mit Google Translate erklärten wir, dass wir eine nicht scharfe und eine leicht scharfe Suppe haben wollten. Er wählte zwei Optionen aus und hielt uns das iPad wieder hin – nun sollten wir die Zutaten auswählen, die wir in unserem Hotpot kochen lassen wollten. Ich suchte nach Tofu, Rindfleisch, Bambus und Pak Choi, die wir alle bestellten.

Anschließend mussten wir uns eine Soße zum Dippen zusammenstellen – und ich war damit auch nur eeeein kleines bisschen überfordert. Immerhin waren alle Zutaten auf Englisch angeschrieben, sodass es uns ein wenig leichter fiel. Sascha hatte sich zum Glück davor schon online informiert was man hier am besten mischt (es gibt dazu ganze Philosophien in verschiedenen Blogs was man bei diesem Restaurant am besten nimmt) und konnte uns so etwas leckeres zusammen mischen. 🙂

Und dann ging es auch schon los. Mit unseren Stäbchen und Schüsseln bewaffnet, versuchten wir, unsere Zutaten in die kochende Brühe zu dippen (es gab übrigens eine Hühnchen-Maronen-Suppe und eine scharfe Chili-Suppe). Die Chilisuppe konnten wir definitiv nicht löffeln. Wir mussten die Zutaten jedes Mal erst kurz in die Hühnchensuppe halten, sonst wäre unser Mund einfach verbrannt – wegen der Schärfe, nicht wegen der Hitze. D:

Aber es schmeckte wirklich gut! Und es war auch mal etwas anderes im Vergleich zu dem Essen, das wir bisher probiert hatten. Auch wenn wir uns mit den Stäbchen zum Teil echt dämlich anstellten und mehr als einmal unsere Zutaten im Kochtopf verloren (holt den Stock!), war es am Ende doch recht witzig und sorgte für einige Lacher unsererseits. Der Kellner war, glaube ich, von unserer Ahnungslosigkeit belustigt. Schließlich half er uns auch dabei, unser Hühnchen mit den Essstäbchen aus der Suppe zu heben und anschließend auseinanderzunehmen, damit wir es problemlos essen konnten.

Damit endete dann auch unser Aufenthalt nach drei Tagen in Chengdu. Von hier aus ging es mit dem Zug weiter in das 725 km entfernte Xi’an.

Aber dazu wie immer erst im nächsten Beitrag! 😀

Liebe Grüße

Jessi & Sascha