Osaka – Eine Stadt zwischen Frust und Faszination

Konichiwa, liebe Freunde und Familie,

Japan erwartete uns mit ähnlichem Wetter wie China – sehr kalt, aber zu unserem größten Übel auch oft regnerisch und verschneit.
Wir hatten die ersten fünf Tage in Osaka geplant und uns hier wieder ein Homestay wie in Indien gesucht. Von Osaka aus wollten wir viele kleinere Ausflüge mit unserem Vier-Tages-Ticket machen, das wir uns zuvor gekauft hatten.

Ich weiß wirklich nicht, warum alle behaupten, das japanische Bahnsystem sei super einfach. Im Internet wird es als nahezu perfekt dargestellt. Wir empfanden es als extrem umständlich.

Wir hatten uns vorab ein Vier-Tages-Ticket für die Region besorgt – eigentlich sollte das uns das Reisen erleichtern. Doch schon beim Kauf wartete die erste Hürde auf uns – oder soll ich sagen bei der Recherche: Es gibt nicht eine zentrale Online-Plattform fürs Bahnticket kaufen, sondern verschiedene Bahngesellschaften mit eigenen Tickets und Regeln. Nach gefühlt tausend Klicks, unzähligen Preisvergleichen und einer Extrarunde Nervenverlust hatten wir endlich unsere digitalenTickets. Dachten wir.

Sorry, kurzes Aufregen über das System:

Man muss sich das mal vor Augen halten: Ein Vierzehn-Tage-Shinkansen-Pass (den man nur für die Langstrecken und nicht für den öffentlichen Nahverkehr nutzen kann) kostet über 500 € (!!). Den kann man dann online buchen und sich entweder zuschicken lassen oder als QR-Code erhalten, den man an einem Ticketschalter wieder in ein Papierticket umtauschen muss. Sorry, aber selbst die Deutsche Bahn ist weniger umständlich! Wieso kann der QR-Code nicht einfach direkt für die Bahnfahrten genutzt werden?

Am Flughafen angekommen, mussten wir dann die Tickets noch abholen. Nur, um dann festzustellen, dass wir für die Bahn in die Stadt ein zusätzliches Ticket brauchten – an einem anderen Schalter, versteht sich. Wir waren völlig erschöpft, unsere Rucksäcke drückten auf den Schultern, und unsere Laune war irgendwo zwischen Frust und Verzweiflung.

Mein Kollege Patrick hatte mir vorab seine ICOCA-Karte mitgegeben, die er letzten Herbst in Japan genutzt hatte. Sie ermöglicht kontaktloses Bezahlen in Zügen, U-Bahnen und Bussen, indem man sie einfach an das Lesegerät hält. Zusätzlich kann sie in vielen Geschäften, an Verkaufsautomaten und in Convenience Stores genutzt werden. Die Karte ist an Ticketautomaten und Schaltern in Bahnhöfen erhältlich und kann dort auch aufgeladen werden. Tja, die muss man aber halt erst einmal aufladen – und das geht  – natürlich – nur mit Bargeld.

Man kann überall am Flughafen zu horrenden Wechselkursen Geld umtauschen oder einen Automaten suchen, an dem man in 90 % der Fälle Gebühren zahlen muss – auch wenn die Kreditkarte eigentlich weltweit kostenlos funktionieren sollte.

Man merkt es vielleicht schon: Wir waren tierisch genervt von dem Aufwand, den wir hier betreiben mussten und dass alles spät abends um 22 Uhr.
Am Ende kauften wir für einen speziellen Expresszug ein Ticket, mit dem wir in den richtigen Stadtteil von Osaka kamen (extra Schalter und teuer, aber dafür konnten wir mit Kreditkarte zahlen).

Erst als wir bei der Supermarkt Kette 7-Eleven endlich problemlos Bargeld abheben konnten, fiel eine gewisse Anspannung von uns ab, auch weil wir hier uns mit Snacks und Getränken eindecken konnten.

Von hier aus ging es weiter zur normalen U-Bahn, wo wir die ICOCA-Karten aufladen konnten. Sascha hatte es geschafft, sie sich aufs Handy zu laden – nur Android unterstützt das nicht. Dafür kann man die digitale Karte aber nicht mit einer Visa-Karte aufladen, sondern braucht zwingend eine Mastercard. Zum Glück habe ich eine, sodass Sascha seine Karte über mein Konto aufladen konnte.

Als wir dann auch noch mit aufgeladenen Karten in die U-Bahn stiegen, fühlte es sich fast wie ein Sieg an – ein kleiner, aber harterkämpfter.

Ich hatte die Plastikkarte und so fuhren wir schließlich bis zu unserer Station, wo unser Homestay war. Leider war unser Host noch nicht da – er kam erst am Abend von einem Geschäftstermin aus Tokio zurück. Der Schlüssel war jedoch hinter einem Zahlenschloss versteckt, sodass wir das Haus betreten konnten.
Leider war das Haus … naja, sehr unaufgeräumt und chaotisch. Der Host hat drei Gästezimmer, die er vermietet, und unser gebuchtes Zimmer war wohl noch vom Vormieter benutzt worden – jedenfalls war es nicht aufgeräumt. Auf unsere WhatsApp-Nachricht reagierte der Host nicht, und so warteten wir bis ca. 0:30 Uhr in seinem Wohnzimmer, bis er eintraf und uns dann ein anderes Zimmer gab.

Wir fielen todmüde ins Bett und waren richtig enttäuscht von diesem holprigen Start in Japan. Am nächsten Tag schafften wir es nicht vor 11 Uhr aus dem Bett und überlegten dann relativ spontan, dass wir heute wohl am ehesten nach Nara fahren würden.

Nara ist bekannt für seine große Parkanlage (inklusive Tempeln), aber vor allem für die zahmen Rehe, die dort leben und die man mit kleinen Leckereien füttern kann, die vor Ort verkauft werden.

Gegen Mittag machten wir uns auf den Weg und fröstelten ziemlich in der Kälte. Kurz nachdem wir im Park ankamen, begann es sogar zu schneien, während wir die Rehe fütterten und die Atmosphäre genossen.

Unser Weg durch den Park führte uns schließlich hinauf zu einem Tempel, der etwas versteckt auf einem kleinen Hügel lag. Während sich am Eingang noch viele Besucher tummelten, verlief es sich hier oben schnell, und wir genossen die Ruhe beim Spaziergang durch den Wald.

Von Nara aus ging es dann zurück nach Osaka ins Ausgehviertel Dotonbori.
Hier findet man wirklich alles, was das Herz begehrt. Sascha und ich streiften durch die Straßen auf der Suche nach einem Restaurant, das unseren Hunger stillen konnte. Schließlich entdeckten wir einen kleinen Laden in einer Seitenstraße, den Sascha auf einem Blog gefunden hatte.

Ohne die Empfehlung wären wir dort wohl nie eingekehrt – von außen sah das Lokal in der schmalen Gasse wenig einladend aus. Doch das Essen war hervorragend! Die Udon-Nudeln schmeckten köstlich, und wir genossen unser Abendessen, bevor wir uns auf den Rückweg zu unserer Unterkunft machten.

So wenig uns unser Host und der Empfang dort gefallen hatten (ganz zu schweigen von der Tatsache, dass unser Zimmer standardmäßig bei 15 °C lag und wir nachts die Klimaanlage zum Heizen laufen lassen mussten), umso schöner war die Wohngegend. Lange, ruhige Gassen, kaum Autos, viele Fahrradfahrer – und bei klarem Wetter eine tolle Aussicht.

Am nächsten Tag brachen wir etwas früher auf, denn wir hatten einen Ausflug nach Himeji geplant. Das Schloss dort gilt als eines der schönsten in ganz Japan und gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Während des Zweiten Weltkriegs blieb es unversehrt, obwohl die Stadt rundherum schwer bombardiert wurde.

Von außen war das Schloss wirklich beeindruckend, aber der Eintritt hat sich für uns leider nicht gelohnt. Ich hatte erwartet, dass in den Innenräumen historische Exponate ausgestellt sind, die Einblicke in die Zeit geben, als hier noch regiert wurde. Doch alle sechs Etagen, die man besichtigen konnte, waren komplett leer – man lief lediglich über den Holzboden und immer wieder Treppen nach oben. Aber mehr auch nicht. Das fanden wir ehrlich gesagt ziemlich enttäuschend.

Da wir schon in der Gegend waren und unbedingt das berühmte Kobe-Wagyu-Rindfleisch probieren wollten, suchten wir einen kleinen Laden auf. Dort bestellten wir eine Reisbowl mit etwas Salat und natürlich dem edlen Fleisch.
Und was soll ich sagen? Die Marmorierung des Fleisches mit feinen Fettadern macht es unglaublich zart – es schmilzt förmlich auf der Zunge. So gutes Fleisch habe ich wohl noch nie gegessen. Es war ausnahmslos köstlich und jeden Cent wert!

Von Himeji aus ging es zurück in unser Zimmer. Heute wollten wir früher ins Bett, aber auch noch ein paar Blogbeiträge vorbereiten. Am nächsten Morgen mussten wir nämlich richtig früh raus: In Osaka gibt es die Universal Studios, einen Freizeitpark mit vielen Themenwelten und Achterbahnen, den wir unbedingt besuchen wollten. Darauf hatten wir uns schon lange gefreut! Also klingelte am Montagmorgen um 6 Uhr der Wecker.

Gegen 8:30 Uhr erreichten wir den Park und strömten mit einer überraschend großen Menge an Besuchern hinein – mit so vielen Leuten an einem Montagmorgen hatten wir wirklich nicht gerechnet!

Unsere erste Station war der Harry-Potter-Bereich. Als wir durch das Tor zur Zaubererwelt schritten, hatte ich Gänsehaut. Vor uns ragte das imposante Schloss Hogwarts in den Himmel, und für einen Moment fühlte ich mich, als wäre ich tatsächlich in die Bücher hineingesprungen.

Die Detailverliebtheit war der Wahnsinn. Überall bewegte sich etwas – von den schwebenden Kerzen bis hin zu den bewegenden Bildern an den Wänden. Der Geruch von Butterbier und Süßigkeiten lag in der Luft, und ich konnte nicht anders, als völlig in diese Welt einzutauchen.

Allerdings musste man selbst am frühen Morgen schon mit Wartezeiten von 40 bis 80 Minuten pro Attraktion rechnen. Wir nahmen es in Kauf und probierten die beiden Achterbahnen aus, die es hier gibt. Die erste war eher eine ruhigere Fahrt, mehr für Kinder gedacht. Die zweite war eine 4D-Achterbahnfahrt, die uns mitten in ein Quidditch-Match katapultierte. Drachen, Dementoren, wilde Flugmanöver – ich war völlig geflasht! Zwar wurde uns nach der Fahrt etwas schummrig, aber das Adrenalin machte alles wieder wett.

Für einen Harry-Potter-Fan wie mich war das ein absolutes Highlight – ein Moment, den ich am liebsten in einer kleinen Zeitkapsel festhalten würde.

Von der Harry-Potter-Welt ging es weiter zu Jaws – Der Weiße Hai, wo wir an einer japanischen Bootstour teilnahmen und gleich zweimal ordentlich vom weißen Hai erschreckt wurden.

Danach führte uns unser Weg in die Jurassic-Park-Welt. Hier gab es überall Dinosaurier und eine Achterbahn, in der man quasi auf dem Bauch liegend durch die Luft fliegt, während man einem Flugsaurier hinterhergezogen wird. Der Streckenverlauf war total verrückt, und ein Looping kopfüber war eine völlig neue Erfahrung für mich – aber der Adrenalinrausch war unbeschreiblich! Wir haben die Fahrt zu 100 % genossen!

Als Nächstes stand Nintendo World auf dem Programm – Saschas absolutes Highlight. Hier taucht man ein in die Welt von Mario und seinen Freunden, die originalgetreu nachgebaut wurde. Es fühlt sich an, als wäre man selbst eine Spielfigur, die Münzen sammelt und versucht, die Prinzessin zu retten.
Am Eingang kann man sich ein interaktives Armband kaufen, mit dem man verschiedene Challenges im Themenbereich absolvieren kann, bevor es am Ende zu einem kleinen Bosskampf kommt.

Zwischendurch fuhren wir mit der Donkey-Kong-Achterbahn und machten eine Runde Mario Kart. Beides war richtig lustig, auch wenn wir stellenweise bis zu 180 Minuten anstehen mussten. Unsere Beine taten uns am Ende echt ordentlich weh!

In der Nintendo World verbrachten wir bestimmt vier bis fünf Stunden, bevor wir uns verabschiedeten und uns noch einmal eine Fahrt mit dem Flugdrachen gönnten. Beim zweiten Mal war es zwar nicht mehr ganz so spektakulär, aber trotzdem ein riesiger Spaß.

Zum Abschluss besuchten wir noch den Minions-Bereich und machten einen letzten Abstecher ins Weltraum-Themengebiet, bevor es gegen 19 Uhr für uns Zeit wurde, nach Hause zu fahren. Wir waren völlig erledigt – aber ein leckeres Ramen zum krönenden Abschluss durfte natürlich nicht fehlen! Und was wir hier gegessen haben, war wohl das beste Ramen unseres Lebens.

Unseren letzten Tag in Osaka gingen wir entspannt an: Wir schliefen aus, packten unsere Sachen und brachten unsere Rucksäcke zum Bahnhof, wo wir sie in Schließfächern verstauten. Danach machten wir noch einen Abstecher zum Osaka Castle. Die Burg war wirklich schön, und in einem kleinen japanischen Garten fanden wir ein perfektes Fotomotiv.

Von dort aus nahmen wir den Zug nach Kyoto, wo wir uns ein traditionelles japanisches Hotel gebucht hatten – mit dünnen Matratzen auf dem Boden und allem Drum und Dran. Aber dazu dann mehr im nächsten Beitrag!

Unser erster Eindruck von Japan war ehrlich gesagt ein Wechselbad der Gefühle. Das Bahnsystem hatte uns an den Rand der Verzweiflung gebracht, unser Homestay war nicht das, was wir erhofft hatten, und das Wetter war nicht gerade unser Freund.

Aber dann gab es diese besonderen Momente. Die zutraulichen Rehe in Nara, das märchenhafte Schneetreiben, das unvergesslich gute Kobe-Rindfleisch, die pure Nostalgie in der Nintendo World – das waren die Erlebnisse, die diesen Trip einzigartig gemacht haben.

Japan hatte uns nicht den perfekten, reibungslosen Empfang bereitet. Aber vielleicht war es genau das, was es am Ende so besonders machen wird. Mal abwarten wie sich das hier weiter entwickelt.

Liebe Grüße nach Hause – wir freuen uns darauf, euch bald wiederzusehen!

Jessi & Sascha