Taipeh – Ein Mix zwischen China und Vietnam

Nihao, liebe Freunde und Familie,

Nach Japan waren wir absolut bereit, etwas Neues zu sehen und besseres Wetter zu genießen. Wir hatten genug von Schnee, Regen und bewölktem Himmel. Wir wollten Sonne, blauen Himmel und Temperaturen, bei denen wir keine drei Schichten Kleidung mehr tragen müssen.

Wir hatten uns bereits im Voraus für Taiwan entschieden. Das Land ist eher untouristisch, hat aber dennoch einiges zu bieten. Allerdings hatten wir uns schon im Vorfeld darauf festgelegt, die sieben Tage vor Ort nicht an verschiedenen Orten zu verbringen. Stattdessen suchten wir uns ein Hotel in Taipeh und entschieden, die vollen sieben Nächte dort zu bleiben.

Von Taipeh aus kann man schöne Ausflüge ins Umland oder in andere Städte machen. Als wir das vor vier bis fünf Wochen in Laos geplant hatten, klang das auch noch super einfach und entspannt. Doch nach dem intensiven Reisen in China und Japan war die Motivation, in einen Zug zu steigen und einen anderen Teil der Insel zu erkunden, nicht mehr allzu groß.

Als wir den Wetterbericht für Taipeh checkten, traf uns zunächst eine harte Ernüchterung. Am Tag vor unserer Anreise war der letzte schöne Tag gewesen – 28° und Sonne. Ab unserer Ankunft jedoch war nur noch Regen und bewölkter Himmel mit 14 bis 19° angesagt. Frustrierend.
Besonders ärgerlich war die Tatsache, dass das Wetter erst an unserem Abreisetag wieder besser werden sollte – Sonne und immerhin 19°, danach weiter steigend bis auf 27°.

Ach ja, man kann es halt nicht ändern. Man nimmt, was man kriegt.
Vom Flughafen zum Hotel brauchten wir etwa 1,5 Stunden mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Dort konnten wir unser Gepäck abstellen und erst einmal ein wenig die Stadt erkunden, da unser Zimmer noch nicht bezugsfertig war.

Wir erkundeten das umliegende Viertel, suchten uns etwas zu essen und checkten schließlich ein. Wir hatten vor, erst am nächsten Tag so richtig loszulegen. In einem 7-Eleven-Supermarkt um die Ecke deckten wir uns noch mit Wasser, Instant-Ramen und Snickers ein, bevor wir den Rest des Tages mit YouTube und Netflix auf dem Hotelzimmer verbrachten.

Am nächsten Morgen gab es ein leckeres Frühstück in einem Café in der Nähe (inklusive Katzen :)), und von dort aus ging es dann zum Nationalen Palastmuseum in Taiwan.

Das Museum beherbergt viele Schätze, die ursprünglich in der Verbotenen Stadt in Peking ausgestellt waren. Mit dem Ausbruch des Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieges (1937-1945) befürchtete die chinesische Regierung, dass die wertvollen Artefakte während der japanischen Invasion zerstört oder geplündert werden könnten. Deshalb entschied die nationalistische Regierung (Kuomintang) unter Chiang Kai-shek (wird nachher noch wichtig), die wichtigsten Kunstwerke aus der Verbotenen Stadt in Sicherheit zu bringen. Heute sind in Taipeh etwa 700.000 Artefakte aus der kaiserlichen Sammlung zu sehen – eine der größten und bedeutendsten Sammlungen chinesischer Kunst weltweit.

Wofür das Museum besonders bekannt ist, ist ein Kohl aus Jadestein. Als ich das erfuhr, war ich richtig gehypt und freute mich riesig darauf, ihn in der Ausstellung zu entdecken.
Tja. Blöderweise war der Kohl genau in dieser Woche nicht ausgestellt – stattdessen wurde der berühmte Stein präsentiert, der aussieht wie ein Stück Fleisch. Ich war so frustriert, dass wir nicht mal ein Foto machten (dafür aber mit einem Pappaufsteller vom Jade-Kohlkopf :D)

Da der Regen vorübergehend eine Pause eingelegt hatte, als wir das Museum verließen, besuchten wir noch den nahegelegenen Garten und bestaunten die Wasserinstallationen sowie die gepflegte Gartenanlage. Von hier aus ging es dann auch schon wieder zurück ins Hotel, da plötzlich sintflutartiger Regen einsetzte und alle weiteren Pläne zunichte machte.

Leider hielt der Regen auch am nächsten Tag an, und so beschlossen wir, eine bekannte Mall zu besuchen. Wir verbrachten dort locker drei bis vier Stunden und beobachteten mehr als einmal, wie junge Leute in den Spielehallen (die es hier wirklich überall gibt) den ein oder anderen Rekord aufstellten.

Von hier aus entschieden wir uns spontan, eine Hop-on-Hop-off-Tour mit einem Stadtbus zu machen – bei dem schlechten Wetter eine gute Möglichkeit, trotzdem noch einiges von der Stadt zu sehen. So bekamen wir wirklich viel zu Gesicht und suchten uns direkt die Spots heraus, die wir in den nächsten Tagen noch genauer erkunden wollten.

Früh am nächsten Morgen ging es für uns dann los zu einem Konfuzius-Tempel, wo man viel über sein Leben und seine Lehren erfahren konnte. Die Tempelanlage war wirklich beeindruckend und bot eine Menge interessanter Informationen. Auch wenn mich die Mathematikräume eher abgeschreckt haben, verbrachte Sascha dort eine ganze Weile. Man lernte hier viel darüber, wie weit die Chinesen anderen Kulturen in Mathematik, aber auch in der Medizin, voraus waren.

Direkt neben dem Konfuzius-Tempel befinden sich noch weitere beeindruckende Anlagen mit kunstvoll gestalteten Springbrunnen, Gärten und aktiven Tempeln, in denen gebetet wird. Der wunderbare Duft von Räucherstäbchen erfüllte die Innenhöfe, und überall fanden sich bedeutende religiöse Symbole.

Zurück im Hotel stand ein Zimmerwechsel an. Wir hatten zuerst ein Zimmer ohne Fenster, aber nach zwei Tagen schließlich ein Upgrade mit Fenster gebucht – und frische Luft im Zimmer tut einfach richtig gut. Sowie eine stabile Internetverbindung inklusive Zugang zu YouTube und Netflix. Ein Stuttgart21 Update Video dürfte hier nicht fehlen.

Ehrlich gesagt verbrachten wir hier auch viel Zeit mit YouTube und einfach ein bisschen Entspannen. Wir sprachen darüber, wie sehr wir unser Zuhause vermissen – sogar die Arbeit, weil sie eine tägliche Routine mit sich bringt, die wir auf Reisen so nicht haben. Kurzer Katzencontent: Am meisten fehlten uns aber unsere Katzen. Zum Glück geht es den beiden bei Kathi wunderbar, und es scheint fast so, als würden sie uns gar nicht vermissen – so verschmust, wie sie sich bei ihr geben.
In den vier Monaten unserer Abwesenheit gab es zum Glück keinerlei Probleme, und den beiden geht es mehr als nur gut. Hoffentlich verkraften sie es, wenn Kathi in wenigen Tagen auszieht und sie wieder mit uns „vorliebnehmen“ müssen.

Aber für uns ging es am nächsten Morgen erst einmal wieder in die Stadt. Heute hatten wir uns vorgenommen, die Chiang-Kai-shek-Memorial Hall zu besuchen. Dort gibt es eine kostenlose Ausstellung zur Demokratisierung Taiwans und dem Weg dorthin.

Hier unser allseits beliebter Geschichtsexkurs:

Die Chiang-Kai-shek-Memorial Hall ist eines der bekanntesten Wahrzeichen Taipehs und wurde 1980 zu Ehren von Chiang Kai-shek, dem ehemaligen Präsidenten der Republik China, errichtet. Ursprünglich als Denkmal für seine Herrschaft konzipiert, wandelte sich die Bedeutung der Gedenkstätte im Laufe der Zeit. Heute dokumentiert die Ausstellung nicht nur das Leben und Wirken Chiang Kai-sheks, sondern beleuchtet auch die politische Entwicklung Taiwans – von der jahrzehntelangen Diktatur bis hin zur heutigen Demokratie. Besonders eindrucksvoll wird die sogenannte “Weiße Terror”-Periode thematisiert, in der Tausende Oppositionelle verfolgt wurden. Erst in den 1990er-Jahren begann Taiwan mit umfassenden Reformen und entwickelte sich zu einer der stabilsten Demokratien Asiens. Die Memorial Hall steht somit nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die Errungenschaften eines freiheitlichen Taiwans.

Die Wurzeln dieser Entwicklung liegen in der Trennung zwischen China und Taiwan, die auf den Chinesischen Bürgerkrieg (1927–1949) zurückgeht. In diesem Krieg rangen zwei politische Gruppen um die Macht: die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) unter Mao Zedong und die Nationalistische Partei (Kuomintang, KMT)unter Chiang Kai-shek. Während des Zweiten Weltkriegs mussten sie sich zwar zusammenschließen, um gegen die japanische Besatzung zu kämpfen, doch nach Kriegsende brach der Konflikt erneut aus.

1949 gewannen die Kommunisten, und Mao Zedong rief die Volksrepublik China (VR China) aus. Die unterlegene nationalistische Regierung unter Chiang Kai-shek floh mit etwa 2 Millionen Anhängern nach Taiwan, wo sie eine eigene Regierung – die Republik China (ROC) – errichtete. In den ersten Jahrzehnten betrachtete sich Taiwan noch als rechtmäßige Regierung für ganz China, während die Volksrepublik China die Insel als abtrünnige Provinz ansah. Die KMT-Regierung herrschte autoritär, und unter Chiang Kai-shek wurden politische Gegner brutal unterdrückt. Diese Zeit des Kriegsrechts dauerte bis in die späten 1980er-Jahre.

Erst mit der schrittweisen Demokratisierung in den 1990er-Jahren veränderte sich das politische System Taiwans grundlegend. Die Ära der Einparteienherrschaft endete, freie Wahlen wurden eingeführt, und Taiwan entwickelte sich zu einer der stabilsten Demokratien Asiens. Die Chiang-Kai-shek-Memorial Hall spiegelt diesen Wandel wider: Einst ein Denkmal für einen umstrittenen Machthaber, dient sie heute als Erinnerungsort für die dunklen und die fortschrittlichen Kapitel der taiwanischen Geschichte.

Von der Memorial Hall ging es dann durch die Stadt und vorbei an wunderschönen Gärten bis ins Ausgehviertel von Taipeh.

Hier hatte sich Sascha einen Barber-Shop herausgesucht, wo er endlich wieder einen dringend benötigten Haarschnitt bekam.

Von dort aus erkundeten wir die Streetfood-Stände in den Gassen und tauchten ein wenig ins Nachtleben ein.
Wir probierten den besten Bubble Tea unseres Lebens, snackten frittierte Süßkartoffelbällchen und kosteten uns durch allerlei Leckereien, bevor wir mit der Stadtbahn zurück ins Hotel fuhren.

Da wir im Hotel kein Frühstück hatten, ließen wir uns morgens gerne Zeit und starteten meistens erst spät in den Tag. Unser Frühstück bestand zumeist aus Bananen, Erdnussbutter-Toast und einem gekühlten Saft aus dem Hotelkühlschrank. Ein bisschen einseitig – aber dafür war das Abendessen auf den Streetfood-Märkten umso abwechslungsreicher.

Am nächsten Tag beschlossen wir, den Taipei 101 zu besuchen – das höchste Gebäude Taipehs, das mitten in der Stadt emporragt. Mit einem der schnellsten Aufzüge der Welt kann man bis in den 89. Stock rasen und dort das weltweit größte Tilgerpendel bestaunen. Dieses gigantische, kugelförmige Pendel gleicht die Bewegungen des Wolkenkratzers aus, der regelmäßig von Erdbeben erschüttert wird. Dank dieser Technik bleibt das Gebäude stabil und sicher – ziemlich beeindruckend, oder?

Kurzer Faktcheck dazu, weil Sascha auch absolut begeistert von der Technik dahinter ist und mich komplett dazu vollgetextet hat:

Wenn der Taipei 101 durch Wind oder ein Erdbeben ins Schwanken gerät, bewegt sich das Gebäude in eine Richtung – und das Tilgerpendel schwingt in die entgegengesetzte Richtung. Dadurch wirkt es wie ein Gegengewicht und reduziert die Bewegung des Hochhauses erheblich.

Das Tilgerpendel im Taipei 101 ist eine massive Kugel mit einem Gewicht von 660 Tonnen und einem Durchmesser von 5,5 Metern. Komplett verrückt in meiner Sicht, da das Ding nur von dicken Stahlseilen gehalten wird (und hydraulische Dämpfer irgendwo noch verbaut sind, aber wer sich dazu interessiert soll das doch bitte googeln. Ich bin gerne Geschichtsexpertin, aber bei Physik hört es auf – sorry an meinen Physiker-Opa!)

Wir fuhren kurz vor Sonnenuntergang nach oben und warteten mit Hunderten anderen Besuchern darauf, wie sich der Himmel über Taipeh in warmen Orangetönen färbte.

Glücklicherweise ergatterten wir einen Sitzplatz in der ersten Reihe und konnten den Anblick in vollen Zügen genießen.

Danach ging es wieder in die Stadt – auf die Suche nach neuem Streetfood. Wir fanden schnell, was wir suchten: Kimchi-Pfannkuchen, gerollte Fladen mit Basilikum und Rindfleisch, Dumplings, kandierte Erdbeeren… Wir ließen es uns richtig gut gehen und gönnten uns zum Abschluss noch einen Bubble Tea, bevor wir gegen 23 Uhr müde, aber zufrieden ins Hotel zurückkehrten.

Der nächste Morgen begann mit Regen und grauem Himmel, weshalb wir lange im Bett blieben und uns einfach nicht aufraffen konnten. Erst gegen 15:30 Uhr schafften wir es endlich – allerdings mit der Erkenntnis, dass das Museum, das Sascha unbedingt besuchen wollte, bereits um 17 Uhr schließt. Blöderweise brauchten wir knapp eine Stunde dorthin, aber zum Glück konnte man die Ausstellung im Naturkundemuseum auch entspannt in 20 Minuten durchlaufen – zumindest, wenn man nicht jede einzelne Infotafel liest.

Die großen Dinosaurierskelette machten jedenfalls meinen Neffen Noam sehr glücklich (oder vielleicht auch sehr neidisch – schließlich haben wir Dinos gesehen und er nicht?). Unsere Fotos in der Familiengruppe kamen jedenfalls super an. 😉 Da unser Ticket ein Kombiticket war, schauten wir uns auch noch das Museum direkt gegenüber an – allerdings drehte sich hier alles um Insekten, Krabbeltiere und Puppentheater. Die gruseligen Masken werden mich wohl noch in meinen Albträumen verfolgen.

Nachdem der Tag ohnehin schon spät begonnen hatte, holten wir uns unterwegs schnell ein Sandwich und besuchten anschließend noch einen bekannten Tempel in der Innenstadt, bevor wir wieder ins Hotel zurückkehrten.

Da wir am nächsten Morgen um 11 Uhr auschecken mussten, packten wir am Abend bereits den Großteil unserer Sachen und stellten sie am nächsten Tag an der Rezeption ab. Unser nächster Flug ging erst um um kurz vor 0 Uhr, also hatten wir noch einen entspannten Tag in Taipeh vor uns.

Wobei – zum ersten Mal verließen wir tatsächlich die Stadt. Mit der U-Bahn fuhren wir zur Endstation und von dort aus 45 Minuten mit der Seilbahn den Berg hinauf, bis wir eine gigantische Aussicht über Taipeh genießen konnten. Wir ließen es uns nicht nehmen, einen Ausflug durch die Tee- und Kaffeeplantagen in den Bergen zu machen und verbrachten noch einige Zeit in einem Tempel mit einem noch beeindruckenderen Panorama.

Während unserer Wanderung sinnierten wir viel über zu Hause – worauf wir uns freuen, was wir als Nächstes planen wollen, ob wir unsere Wohnung ein wenig umgestalten sollten und was die Zukunft wohl für uns bereithält. Die Zeit verging wie im Flug – nicht nur, weil wir über unseren gesamten Urlaub reflektierten, sondern auch, weil es jede Menge Diskussionsstoff gab:
Welches Land hat uns am meisten fasziniert? Wo wollen wir unbedingt nochmal hin? Und welches Land hat unseren Erwartungen nicht entsprochen? Vielleicht gibt es dazu ja nochmals ein Fazit von Sascha irgendwann?

Gegen 16 Uhr machten wir uns auf den Rückweg in die Stadt, gönnten uns noch ein leckeres Abendessen am Taipei 101 und brachen dann gegen 19 Uhr in Richtung Flughafen auf – mit genügend Puffer, um die Wartezeit dort entspannt zu überbrücken.

Zum Glück fiel mir rechtzeitig ein, dass ich vergessen hatte, Postkarten in Taipeh zu besorgen. Doch der Flughafen ließ uns nicht im Stich – und erstaunlicherweise waren die Preise dort genauso fair wie in der Stadt. Einen Briefkasten fand ich zwar nicht, aber die netten Damen am Infoschalter versprachen, die Karten für uns bei der Post abzugeben. Ich hoffe, sie haben ihr Wort gehalten und die Karten trudeln bald ein!

Und so bestiegen wir um 23 Uhr unser Flugzeug – auf zum letzten Reiseziel: die Malediven.

Das Pärchen aus Hanoi (Jessi & Moritz) hatte uns die Malediven empfohlen. Sie hatten dort ihre Asienreise begonnen und uns einige wertvolle Tipps gegeben:
Nicht in die Resorts gehen, sondern auf die weniger bekannten Local-Islands – und darauf achten, dass es schöne Hausriffe gibt.

Sascha hatte sich bereits in Laos mit all dem beschäftigt und für uns die Inseln Omadhoo und Dhigurah ausgewählt.

Jetzt freuten wir uns richtig: Sonne, Strand und Meer zum finalen Abschluss!
Aber dazu – wie immer – mehr im nächsten Beitrag.

Liebe Grüße vom Strand!

Jessi & Sascha