Mathura und Agra – Bunte Straßen, rote Festungen und ein weißes Mausoleum

Liebe Freunde und Familie,

um von Delhi nach Agra zu gelangen, fährt man mit dem Auto unter anderem an einer der heiligen Pilgerstädte Indiens vorbei: Mathura. Unser Fahrer Sunil brachte uns in den Distrikt Vrindavan, der für die Anhänger des Gottes Krishna eine der heiligsten Städte ist. Der Überlieferung nach ist Vrindavan der Ort des einstmaligen Waldes von Vrindavana, in dessen Umgebung der Hindu-Gott Krishna, einem Dorf von Kuhhirten, aufgewachsen sein soll. Krishna ist einer der höchsten Götter im Hinduismus.

Sunil ließ uns mehr oder weniger mitten in einer Menschenmenge aussteigen, und Sascha und ich waren zunächst überfordert. Da wir die Autofahrt mehr oder weniger schlafend verbracht hatten, waren wir absolut unvorbereitet und fanden uns in einer völlig unerwarteten Situation wieder.

Plötzlich wollte jeder um uns herum uns mit Farbe einen Punkt auf die Stirn malen. Wir lehnten dies zwar höflich ab, aber einige Kinder blieben dabei sehr hartnäckig. Sie liefen uns lange Strecken hinterher und wedelten wild mit ihren Farbstöcken umher. Saschas Hose bekam dabei leider einige Flecken ab. Sunil hatte uns bereits vorgewarnt, dass diese Farben bei manchen Menschen Hautreaktionen hervorrufen könnten. Deshalb blieben wir standhaft und wichen den Leuten immer wieder aus, die uns entgegenkamen.Nach etwa zehn Minuten Fußweg erreichten wir den Prem Mandir, der Anfang der 2000er Jahre erbaut wurde und als einer der schönsten Tempel in Vrindavan gilt. Nach einer strengen Kontrolle der Menschenmenge standen wir plötzlich vor einem riesigen Marmortempel, der majestätisch über uns aufragte. Die reich verzierten Türme und die große, weiße Fläche rund um das Gebäude waren schlichtweg beeindruckend.Rund um den Tempel waren unzählige Darstellungen von Krishna zu sehen: mal als Kuhhirte, mal auf einem Streitwagen und auch umgeben von Tieren auf einer Wiese. Schade für uns war nur, dass sämtliche Beschreibungen ausschließlich auf Hindi geschrieben waren. Dennoch war der Anblick beeindruckend.Trotzdem konnten wir uns an diesem Ort nicht richtig wohlfühlen. Wir waren wirklich die einzigen Europäer weit und breit, und es war unmöglich, irgendwo stehen zu bleiben, ohne ständig angesprochen zu werden. Ich empfand es als unangenehm, an einem der größten Heiligtümer ständig nach Fotos gefragt zu werden. Für mich fühlte es sich unpassend an, so als würde man in einer Kirche ständig um Selfies gebeten werden. Nach kaum zehn Minuten verließen Sascha und ich das Gelände wieder.

In der Hoffnung, mit einem TukTuk zurück zu dem Platz zu gelangen, an dem Sunil auf uns warten wollte, fragten wir einen Fahrer nach dem Preis. Die Ansage: 200 Rupien (etwa 2 Euro) oder gar nicht. Wir versuchten noch zu verhandeln, aber der Fahrer blieb stur. Ein junger Inder in einem anderen Gefährt schüttelte vehement den Kopf und erklärte uns, dass die Fahrt für Einheimische lediglich 20 Rupien koste und wir das auf keinen Fall zahlen sollten.

Entschlossen, uns nicht über den Tisch ziehen zu lassen, sprachen wir zwei weitere Fahrer an, die jedoch kein Englisch verstanden und nicht wussten, wohin wir wollten. Schließlich beschlossen wir, den Weg doch wieder zu Fuß zurückzulegen. Der Gestank und der Müll auf der Straße machten uns dabei etwas zu schaffen. Der krasse Gegensatz zwischen Reichtum und Armut war schwer zu übersehen und alles andere als einfach anzusehen.

Zurück bei Sunil und im Auto ging es für uns weiter nach Agra – die Stadt, in der das größte Denkmal der Liebe steht: das Taj Mahal. Schon aus der Ferne konnten wir das beeindruckende Bauwerk sehen. Da wir für den folgenden Morgen bereits Tickets gebucht hatten, besichtigten wir am Nachmittag zunächst die alte Festung Agras, das Red Fort.Im direkten Vergleich zum Red Fort in Delhi merkt man hier den Fokus auf die Festungsbauten deutlich stärker. Durch ein riesiges Tor betritt man einen steilen Aufgang zum Innenhof, der von weiteren Mauern unterteilt wird und zu vielen kleineren Gebäuden führt. Über gefühlt zehn verschiedene, enge und verwinkelte Innenräume gelangten wir schließlich zum eigentlichen Highlight der Festung: der Gartenanlage mit den repräsentativen Palastbauten. Während die Außenmauern aus rotem Sandstein bestehen, wurden die meisten inneren Palastbauten aus weißem Marmor gefertigt. Viele Besucher tummelten sich an den Aussichtsplattformen, um vom etwa 2,5 km entfernten Taj Mahal Fotos zu machen.Müde und erschöpft ging es für uns schließlich zu unserem Hostel. Agra ist eine reine Touristenstadt – das merkt man deutlich. Viele kommen nur für das Taj Mahal und reisen danach direkt weiter. Die Standards der Unterkünfte sind entsprechend: Egal, ob man 10 oder 40 Euro ausgibt, ein großer Unterschied zeigt sich selten.

Unser Hostel lag keine drei Gehminuten vom Westeingang des Taj Mahal entfernt und war mit 15 Euro pro Nacht (ohne Frühstück) recht akzeptabel. Sagen wir es so: Wir hatten eine Tür mit Vorhängeschloss, ein sehr hartes Bett, ein rudimentäres Bad, aber immerhin einen Fernseher. 😊

Am nächsten Morgen klingelte der Wecker um kurz vor 6 Uhr (3:30 Uhr deutsche Zeit). Kurze Zeit später machten wir uns auf den Weg zum Westtor des Taj Mahal. Bereits einige Menschen hatten sich versammelt, aber als die ersten Sonnenstrahlen am Horizont erschienen, öffneten sich die Kontrollen, und in weniger als fünf Minuten standen wir hinter den Mauern, die das Taj Mahal umschließen.

Im Licht des Morgengrauens erhob sich das riesige Gebäude vor uns, strahlend weiß und umgeben von einer wunderschönen, begrünten Gartenanlage. Ohne Smog, ohne Nebel und mit nur wenigen Menschen um uns herum wirkte es fast einschüchternd. Und wenn man dachte, es sei von weitem schon beeindruckend – je näher wir kamen, desto überwältigender wurde es.Ich war völlig begeistert und hüpfte vor Sascha auf und ab: „Oh mein Gott, wir sehen gerade eines der neuen Weltwunder! Wie krass ist das bitte?!“ Ich rüttelte an seinem Arm, während wir das Mausoleum umrundeten und es aus allen erdenklichen Winkeln fotografierten. Alleine das Aussortieren der Bilder danach dauerte Stunden, mein halber Speicher war voll. 😄Drei Stunden verbrachten wir auf dem Gelände, liefen hin und her, warteten auf mehr Sonnenlicht und genossen die stille Atmosphäre des Morgens. Gegen 9 Uhr verließen wir das Gelände, das immer noch nicht wirklich überfüllt war. Die weitläufige Anlage verteilt die Besucherströme sehr gut.

Nach einem Frühstück aus Frucht-Haferbrei und einem Masala Chai ging es für uns mit Sunil weiter zu unserem nächsten Ziel: Jaipur, der Hauptstadt des Bundesstaates Rajasthan.

Mehr dazu bald!

Ganz liebe Grüße aus Indien,
Jessi und Sascha